Bei der 28. Auflage des Schweizer Festivals brachten auch die Electroacts die Fans in Wallung.
Bern (an) - Als die Gurten-Besucher am vergangenen Sonntagabend nach vier Tagen Festivalwahnsinn das Gelände verließen, dröhnte "Wonderwall" von Oasis aus den Boxen. Laut und glücklich sangen sie zum Abschied mit: ein beispielhafter Moment für die diesjährige Ausgabe des Schweizer Festivals.
Denn nicht irgendwelche neuen Hypes standen in Bern im Fokus, sondern die alte Garde: Jamiroquai, The National, The Streets, Kaiser Chiefs oder Beady Eye hießen die Bands, die genau wussten, wie eine ordentliche Liveperformence aussehen muss.
Tanzen bis zur Ekstase
Auffallend war zudem, dass gerade die Electroacts die Zuschauer in Ekstase versetzten. Allen voran 2manydjs, die bereits Donnerstagnacht antraten. Das DJ-Team von Soulwax brachte den Hügel mit Mashups eines breiten musikalischen Spektrums zum Beben. Höhepunkt war mal wieder "Kids" – der MGMT-Hit taugt anscheinend noch immer als kleinster gemeinsamer Nenner von Indiedisko und Privatradio. Abgerundet wurde das belgische Soundfeuerwerk durch zu Visuals verarbeitete Artworks.
Auch die D'n'B-Combo Pendulum passte in diese Schnittmenge. Mit pochenden Beats und peitschendem Gesang ließen sie viele Fans dermaßen rumzucken, dass man fast schon Pater Gabriel Amorth, Josef Ratzingers Chefexorzisten, gerufen hätte.
Teuflisch gut
Ähnlich satanisch gings zuvor auf der Zeltbühne zu: Da trat die teuflisch heiße Katie White, Sängerin und Gitarristin der Ting Tings, auf. In gewohnt kurzem Röckchen hängte sie 60 Minuten lang die Rockgöre raus. Und wer jetzt denkt, dass bei so viel Sexiness besonders die Männer in der ersten Reihe kreischten, der irrt. Mehrheitlich junge Mädchen scheinen White zu ihrer neuen Stilikone erklärt zu haben. Wer in Zukunft Indiegirlies sieht, die ihre Beine mit Edding bemalen, weiß nun warum.
Und natürlich kam auch der R'n'R nicht zu kurz. Ricky Wilson von den Kaiser Chiefs schwitzte sein Shirt voll und gab sich redlich Mühe, mit dem Publikum eine Party zu feiern. Doch erst bei - ja, es war tatsächlich so - "Ruby, Ruby, Ruuuuuubyyyyyyyyyyyy" schrieen dann alle mit. Auch da hätte man Pater Amorth rufen können. Die Nummer ist einfach nicht tot zu kriegen.
Gestatten, Gallagher
Dies gilt übrigens auch für Liam Gallagher: Beady Eye spielten gewohnt lässig ihre 60 Minuten runter. Die Songs des Debüts "Different Gear, Still Speeding" funktionieren live extrem gut. Trotzdem fanden sich am Sonntagnachmittag nicht besonders viele Fans vor der großen Hauptbühne ein. Obs an Beady Eye oder dem strömenden Regen lag - schwer zu sagen.
Liam zumindest zog sein Ding durch und feierte sich dabei auch gehörig selber. Danach verließ er die Bühne ungewohnt volksnah über den Fotograben und schüttelte dabei die Hände der Fans in der ersten Reihe. Ein Versöhnungsversuch?
Einen Schritt weiter ging The National-Sänger Matt Berninger. Nach einem emotional bewegenden Konzert, bei dem er Rotwein gleich aus der Flasche trank, überstieg er die Absperrungen, um die Songs mitten im Publikum zu performen. Auch am Ende des Konzerts kletterte er über die Gitter und spazierte seelenruhig durchs fassungslose Publikum, um backstage zu verschwinden - ein charmantes Highlight des Festivals.
Stress für die Arctic Monkeys
Alles andere als reibungslos verlief das letzte große Konzert des Festivals am Sonntagabend. Die Arctic Monkeys hatten mit erheblichen technischen Problemen zu kämpfen. Das führte gar dazu, dass sie das Konzert für mehrere Minuten unterbrechen mussten. Danach hatte die Technik die Probleme im Griff. Was folgte, war ein sattes Best Of-Set zum Schluss.
Und laut Veranstalter steht man für 2012 bereits mit großen Electroacts in Verhandlung. Die Rede ist von Justice und Daft Punk. Na dann, lasset uns beten.
Review von Andreas Bättig und Tamara Bischof
2 Kommentare
Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.
Ich habs mir beim Lesen gedacht. Wann wird Jamie Cullum erwähnt. Laut is so erbärmlich...