Viel besser als auf Platte: Das Quartett aus Melbourne präsentiert sich in der Hauptstadt tight und mitreißend.
Berlin (fma) - Das jüngst erschienene Livealbum "Tropical Fuck Storm's Inflatable Graveyard" legt es bereits nahe: Tropical Fuck Storm aus Melbourne sind live eine Wucht. Das australische Quartett spielt gestern Abend im Berliner Gretchen dann seine Stärken auch konsequent aus - und lässt die Schwächen ihrer Studioveröffentlichungen zu einem Gutteil vergessen.
Diese Schwächen sind ärgerlich, da die Ursachen offensichtlich unnötig und keineswegs im Handwerk bzw. dem kreativen Potenzial der Musiker:innen zu suchen sind. Denn live schleifen die Tropicals bei subsubtropischen Berliner Herbsttemperaturen ihre Songs tight, mitreißend und mit weniger ungelenken Leerstellen oder Sperenzchen. Dabei stellt die Performance von Drummerin Lauren Hammel eine besondere Augen- und Ohrenweide dar. Ihr Spiel gestaltet sich fabulös, die Optik - die Dame besitzt scheinbar vier Arme - zeugt von besonderer Eleganz.
Hier unterscheidet sie sich übrigens vom viel zu aggressiven Drummer der gleichwohl tollen Vorband Maria Iskariot aus Belgien. Deren Frontfrau Helena Cazaerck besitzt ungemein viel Charisma und verfügt dazu über ein beeindruckendes Riot Girl-Organ. Mit "Dat Vind Ik Lekker" hat die Band gar einen veritablen Hit auf der Pfanne.
Bee Gees - muss das sein?
Tropical Fuck Storm fahren dagegen nicht nur einen, sondern mittlerweile eine ganze Hitliste auf, die einem dabei hilft, Hämmer wie "Then They Came For Me" der Vorgängerband The Drones vergessen zu machen. "You Let My Tyres Down" ist der Übersong, aber Tracks wie "Rubber Bullies", "Paradise" und das tolle "New Romeo Agent" entfalten erst live und im Zusammenspiel des Veteranenduos Gareth Liddiard und Fiona Kitschin ihre Magie - inklusive einer Lust zur poppigen Melodie, die auf den Albumversionen nicht immer so deutlich hervortritt.
Zumal Bassistin Dunn nicht nur am Mikrofon mit ihrer Altstimme begeistert, sondern einen messerscharfen Gegensatz zu den Gitarreneskapaden Liddiards und Kitschins aufbaut, das Duo lässt gerne mal eine Feedbackschleife zu viel laufen. Dunn stellt die Balance im klaren und wunderbar austarierten Sound her und verleiht dem Sound der Australier:innen an den passenden Stellen mehr Gewicht.
Und bevor der sehr kohärente Vortrag dann doch zu eintönig wird, ist die Sause auch schon wieder vorbei. Das schreckliche Rumpelcover von "Stayin Alive" als Zugabe hätte man sich allerdings sparen können - unwürdig für diese tolle Band. Aber das empfand im proppenvollen Gretchen ganz offensichtlich nur ich alleine so.
Text: Franz Mauerer.
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