Im vergangenen Jahr setzte die Musikindustrie mehr Geld mit Vinyl um als die werbefinanzierten Streamingdienste von Youtube und Spotify einbrachten.
Konstanz (juf) - Die Schallplatte befindet sich wieder auf dem Vormarsch und machte im vergangenen Jahr sogar mehr Umsatz als die werbefinanzierten, für den User kostenlosen Streamingdienste von Youtube und Spotify einbrachten. Gute Nachrichten also für die Musikindustrie? Jein.
Seit 1988 wurden nicht mehr so viele LPs verkauft
Die Plattenindustrie hat wieder etwas Grund zur Freude. 2015 war das umsatzstärkste Jahr seit 1988. Alleine in den USA wurden 416 Millionen Dollar mit der schwarzen Scheibe eingenommen. Damit liegt das Vinyl vor den kostenlosen Diensten von Spotify und Youtube, die einen Umsatz von 385 Millionen Dollar generierten. Hört sich nach viel an, stellt aber trotzdem nur einen Bruchteil des gesamten Umsatzes der Musikindustrie dar, der sich in etwa auf sieben Milliarden Dollar beläuft.
Youtube steht in der Kritik
Obwohl Spotify und Youtube ähnliche Dienste anbieten, gilt das Hauptaugenmerk Youtube. Beide Dienste zahlten im vergangenen Jahr rund drei Milliarden an die Musikindustrie, aber, und hier liegt der große Unterschied, es wechselten rund 25% der Nutzer des Gratisangebotes von Spotify zum kostenpflichtigen Abonnement. Alle Dienste von Youtube sind kostenfrei und finanzieren sich nur durch Werbung, weshalb die Seite zwar milliardenfache Streamingzahlen vorweist, aber deutlich weniger Geld in die Kassen der Musikkonzerne spült.
Kostenpflichtige Streamingdienste auf Platz Eins
Trotz der positiven Absatzzahlen des Vinyls konnten die kostenpflichtigen Streamingdienste wie Tidal, Apple Music und Spotify die digitalen Downloads dennoch vom Thron gestoßen, wenn auch nur ganz knapp. 34% des Umsatzes wurden mit Downloads erwirtschaftet, 34,4% mit Streams. Die physischen Tonträger liegen etwas abgeschlagen mit 28,3% auf Platz drei.
Immer wieder buhlen Anbieter um Exklusiv-Inhalte, was zuletzt bei Tidal etwas nach hinten losging. Kanye West kündigte an, sein neues Album, "The Life Of Pablo", ausschließlich über Tidal, den Dienst seines Rap-Kollegen Jay-Z, anzubieten. Zahlreiche Fans schlossen daraufhin eine Probemitgliedschaft ab. Nachdem aber Kanye sein Album als lebende Kunst betrachtet, ständig daran rumbastelt und neue Versionen einzelner Songs online stellt, sah sich Tidal gezwungen, die Probemitgliedschaft zu verlängern.
4 Kommentare mit 3 Antworten
Als Vinyljunkie freut mich das, aber wenn ich sehe, wieviel Müll (besonders am RSD) gepresst wird und die Preise mittlerweile unverschämt sind, ist das eine eher unglückliche Entwicklung. Die Preisgeier, die bei ebay und discogs Mondpreise für sogenannte Raritäten verlangen, werden auch immer mehr.
Ich stimme Sie voll und ganz zu! Als ich angefangen habe Vinyl zu sammeln, zählte einfach nur die Musik. Scheiß egal ob der Kram limitiert, farbig oder handnummeriert war. Wenn es so war, dann war es ein schöner Zusatz. Mehr nicht. Heute werden selbst die beschissesten Alben als Ultra-Rar-Editions rausgebracht und die Leute geben dafür ne Menge Kohle aus. Nur weil die Dinger dann superschön im Regal aussehen. Der RSD ist nur ne Farce, die ich konsequent ignoriere.
Wenn man sich intensiv mit dem Internet beschaeftigt dauert es nicht lange bis man begreift, dass alles ewas sich dort befindet ein Abbild der Realitaet ist - sofern man noch bereit ist seine physikalische Umgebung als Realitaet wahrzunehmen. Wenn man nun Musik als Beispiel nimmt wird schnell klar, dass es sich in der Internetfassung eines Tracks um die Reduktion auf ein Muster handelt, das elektronisch abgerufen und beliebig vervielfaeltigt werden kann. Es fehlen wesentliche Merkmale die dem Konsumenten das Gefuehl geben etwas besonderes zu besitzen. Es steht nicht in physikalischer Form als Besitztum zur Verfuegung. Man hat nur Anteil daran als Konsument der Melodie, was ziemlich beliebig ist. Physisch wahrnehmbare Produkte von Kuenstlern, wie Musikalben, sind Gesamtkonzepte. Das geht von der Grafik ueber die Verpackung bis hin zur Gestaltung des Vinyls und der Auflage und Limitierung. Dieses Konzept ist virtuell nicht nachzuahmen und fuer mich persoenlich Grund genug eine Platten/CD/Kassettensammlung zu erweitern. Eine Sammlung die fuer mich schon deswegen einen besonderen Wert hat, weil Kuenstler mehr wollen als fuer eine Melodie Geld einzunehmen. Das unterscheidet sie von Handwerkern. Ich denke auch, dass es das ist was Kunst von Konsum unterscheidet. Ich wuerde niemals Neuauflagen alter Platten kaufen, wenn dies nicht auf Initiative der Kuenstler passieren wuerde.
Da ist schon was dran, aber die Hauptsache ist und bleibt dabei die Musik, die eben auch als Bitmuster gespeichert und z.B. gestreamt werden kann. Vinyl habe ich nie wirklich gehört, das war vor meiner Zeit und ich bin jetzt nicht so "Retro". Die Abmischung der Platten ist ja meines Wissens nach auch nicht anders als auf CD/Streaming => Stichwort Loudness-War.
Allerdings kaufe ich mir trotz intensiver Spotify-Nutzung schon noch hin und wieder ne CD.
Da finde ich es auch sehr schade, dass die (in den normalen Versionen) in immer schmalere Digipacks gesteckt werden, bei denen man fast nix in der Hand hat und meist auch nicht mal ein Booklet mit den Texten dabei ist. Dafür gibt's dann oft "Ultra-Mega-Fan-Box-Editions", die aber mit teilweise 50€ für den Inhalt extrem überteuert sind.
Eine Idee um CDs/Platten gegenüber Streamingdiensten attraktiver zu machen wäre es, die Deluxe-Editions (mit Bonustracks) nicht mehr auf Spotify etc. zu veröffentlichen.
Dankt dem Lautuser, der dem Markt durch seinen nimmermüden Einsatz neue Impulse geben konnte
Es gibt wenig darüber zu sinieren.Einzig positiv ist der steigende Vinyl-Absatz.Diese Menschen interessieren sich wirklich für den physikalischen Tonträger und damit für die Musik u.ä,(Cover,habtisches Anfassen,Betrachtung des Covers,div. Zusatzinfos). Andere konsumieren halt, aber dies war schon immer die Mehrheit.Nur dadurch,dass die früheren LP`s nicht originalgetreu kopiert werden konnten, holte man sich für die gute Houseparty etwa James Last oder biedere Klassik-LP`s.Gute Rock oder Jazz oder Psycho-Musik wurde immer tendenziell höher von Leuten konsumiert,die sich bewusst die LP`s kaufen wollten. Früher mussten wir auf einzelne LP`s sparen, in unserer Klicke wurde abgesprochen, wer sich welche Platte kaufte. Über Musik wurde sehr viel intensiver gesprochen als heute.Das war damaliges social network. Machen wir uns nichts vor, das Vinyl wird am Gesamtmarkt immer nur ein Randdasein fristen. Leider!
Die Verpackung anfassen zu können und das Cover zu betrachten scheint mir ein bisschen wenig an Vorteilen zu sein. Am Ende geht es um die Musik und diese wird digital ebenso gut verbreitet. Die Leute können halt immer weniger ihre Musiksammlung im Regal präsentieren. Digitale Musik stellt letzendlich die Essenz dar, nämliche simple Töne. Ein Cover kann man ansonsten auch Digital "mitliefern".