Die Toten Hosen, Bilderbuch, Soap&Skin und viele andere erheben ihre Stimme für Flüchtlinge.
Wien (mbr) - Zwischen 100.000 und 150.000 Menschen versammelten sich am vergangenen Samstag auf dem geschichtsträchtigen Wiener Heldenplatz für ein groß angelegtes Solidaritätskonzert, um für ein menschlicheres Europa zu werben. Eine Woche vor den Wiener Wahlen, bei denen die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreich gute Chancen auf einen großen Stimmenzuwachs hat, zeigte sich Wien an diesem Abend von seiner anderen, weltoffenen Seite.
"Say it loud, say it clear: Refugees are welcome here", tönte es immer wieder von der Bühne, auf der im Laufe des Abends neben zahlreichen Bands und Künstlern auch der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer, Sprecher von Hilfsorganisationen sowie Heimatvertriebene und Asylsuchende standen. Auf Einladung von Ewald Tatar, Chef des Konzertveranstalters Nova Music Entertainment, performten Acts wie Bilderbuch, Zucchero, Conchita Wurst, Seiler und Speer, die Politsatiriker und Kabarettisten Maschek, Konstantin Wecker, Soap&Skin und Die Toten Hosen in der österreichischen Hauptstadt.
Für eine von Raoul Haspel angeführte Schweigeminute versammelten sich Künstler, Moderatoren und Veranstalter, um gemeinsam mit dem Publikum eine Minute in Stille der zahllosen Schicksale zu gedenken. Es ist nach 1993 das zweite große Wiener Lichtermeer. Waren es damals noch Kerzen, mit denen Wien gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit leuchtete, sind es diesmal in die Höhe gehaltene Smartphones, die den Wiener Heldenplatz in buntes Licht tauchen.
Die Toten Hosen sind beeindruckt
Beeindruckt davon zeigte sich auch Campino: Wien sei die erste Stadt, die ein solches Zeichen in die Welt hinaussende, nicht einmal Berlin habe das zustandegebracht, so der Sänger, dessen Tote Hosen den Headliner gaben. Später fügte er scherzend hinzu: "Ich werde zuhause erzählen, dass sie in Österreich Taschenlampen haben, mit denen man telefonieren kann".
Wir haben uns sehr gefreut, dass wir die Ehre bekommen, hier spielen zu dürfen. Die Organisationen wie die Diakonie, Rotes Kreuz und Caritas arbeiten seit vielen Jahren in dem Bereich und leisten ganz wertvolle Arbeit. Für die hier zu spielen und allen professionellen und freiwilligen Helfern zu danken, die einfach hingegangen sind und die Sache in die Hand genommen haben, dort wo sich die Politik einfach raushält und vielfach versagt: Das ist ein super Anlass um ein Statement abzugeben. Dass wir wollen, dass Flüchtlinge aufgenommen und menschenwürdig behandelt werden", hatte Gitarrist Breiti vor der Show betont.
Zu den Highlights des Abends zählte der kurze, aber imposante Soloauftritt von Soap&Skin. Nur begleitet von Laptopsounds spielte Anja Plaschg eine Handvoll Songs, darunter "Boat Turns Toward The Port", Robert Johnsons "Me & The Devil" und "Mawal Tamar" des syrischen Produzenten Omar Souleyman. Wortlos, wie sich Plaschg auch während ihres Auftritts zeigte, verschwand sie wieder von der Bühne.
Dass Bilderbuch derzeit nur gewinnen können, bewies die Band um Sänger Maurice Ernst auch an diesem Tag. Wer ein Konzert vor 100.000 Menschen mit dem Großkaliber "Maschin" beginnt, macht schon von vorne herein nichts falsch. Es folgten "Willkommen im Dschungel", "Schick Schock" und der Setcloser "Om". Der politische Appell von Ernst: "Habt keine Angst".
Ein Zeichen gegen Rassimus
"Ich glaube, dass die Welt sich noch mal ändern wird, und dann Gut über Böse siegt" – mit "Wünsch Dir Was" eröffneten Die Toten Hosen als finaler Act ihr durchweg politisches Set. Wo die Hosen politisch stehen, und dass sich die Band seit Jahrzehnten für Asylrecht und antifaschistische Agenden einsetzt, dürfte nur ganz hartgesottenen Realitätsverweigerern entgangen sein – auch wenn ihre Lieder gerade in den letzten Jahren ("Tage Wie Diese") zuweilen von der ihnen politisch diametral gegenüberstehenden Seite verwendet wurden.
"Wir lassen uns unsere Lieder nicht nehmen", adressierte Campino in Richtung FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ("Dieser Karl-Heinz Christian") und forderte Strache (dessen durchgestrichenes Konterfei auf allen Gitarren von Kuddel prangte) auf, die Verwendung des Liedes zu unterlassen. Außerdem im Programm: "Willkommen In Deutschland", "Madeleine", "Steh Auf Wenn Du Am Boden Bist", das großartige "Europa" sowie der mittlerweile etablierte Gruß nach Berlin "Schrei Nach Liebe". Nach besagtem Hosen-Gassenhauer "Tage Wie Diese" gab es noch eine Tribünen erprobte Affirmation und Seelenbalsam als Zugabe: mit der Liverpool-Hymne "You'll Never Walk Alone" verabschiedete sich die Band.
Ob der Abend am Wiener Heldenplatz in die Zeitgschichte eingehen wird, wieviele Wellen er tatsächlich lostreten könnte und wie auch immer die Wahlen in Wien ausgehen: "Voices For Refugees" war ein Zeichen gegen Rassismus und für das Bleibe- und Menschenrecht, und zwar ein riesengroßes, imposantes, lautes und deutliches. Ganz im Sinne des Songs "Willkommen in Deutschland": "Es ist auch mein Land, komm, wir zeigen, es leben auch noch Menschen hier".
6 Kommentare
Hier ein schönes Gedicht: https://www.youtube.com/watch?v=GZqbr_WnQNE
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
ich war auch dabei, aber ziemlich weit hinten, weil so viele Leute schon dort waren und man fast nimmer reingekommen ist. Soap & Skin hat Gänsehaut gemacht, Unser Herr Bundespräsitend hat eine schöne Rede gehalten, und das die Toten Hosen ein Lied von einer in die Jahre gekommenen berliner Nachwuschsband spielten (wo alle mitschrieben, besonders 1 Wort...) fand ich auch sehr gut.
schade, dass sie Oomph! nicht als Headliner eingeladen haben, so nach den Toten Hosen, Dero hätte sicher auch sehr imposante Worte gesprochen.
appr. tote hose....ist hier auch ein bisserl, auf laut.de, hab ich das gefühl. nicht viel los hier, was?(im gegsatz zu den 150000 auf dem Heldplatz); naja -wenigstens übersieht man Dero nicht im Getrubel. Er hätte da übrigens auch super eine Rede halten können und ein Konzert geben, vor 150000....nach den Toten Hosen z.B-.
Dero, und so gütig wie du bist, du hättest wie Campino, auch noch einen Song von einer nACHWUCHSband angestimmt (wobei da beim bestenwillen nicht wüsste, welchen, vermutlich hätte es dann auch buhrufe gegebn,z.B. bei diesem lied mit dem Surfbrettern,total unpassend eigentlich!), naja, war irgendwie nett von den Hosen, und passend ja auch, ja so ein Song der Stunde, der von der berliner Nachwuchsband. apr. zwei so ähnliche Bands wie es Ärzte und Hosen sind, kommt mir auch bei Bilderbuch und Wanda vor. gleichzeitig irgendwie aufgetaucht, ähnliche Genre, spielen auch bei gliechen Festivals, wie am Nukefestival z. B......und profitieren auch beide von eineander, dass sie in einem Atemzug genannt werden.