"Wolken/Mieses Leben" klang nach so einer guten Idee. Klang.

Berlin (ynk) - Eigentlich standen die Zeichen gut für Caspers neues Album "Alles War Schön Und Nichts Tat Weh". Die Lead-Single brachte stabile Energie, das visuell-ästhetische Konzept sah vielversprechend aus und man merkte Casper an, dass er definitiv Bock zu haben scheint, da etwas Markantes abzuliefern. Dass jetzt als nächster Schritt nach einer Tua-Kombo von allen möglichen Partnern eine Haiyti-Kollabo nachkommt, wirkt auf dem Papier wie der perfekte nächste Schritt: Vergiss das große Industrie-Geklüngel, hol einen der interessantesten Untergrund-Artists der Szene ran. "Wolken / Mieses Leben" machen das aber etwas zu wortwörtlich. Statt einer originalen Combo samplet Casper den Refrain ihrer diesjährigen Solo-Single des gleichen Namens. Auch okay, die war immerhin fantastisch. Aber dann? Dann setzt Casper es komplett in den Sand.

Ja, das ist eine schöne Hook, die kann man schon mal ausleihen und sich den Beat aneignen, aber das hat dann einen fundamentalen Nachteil: Man muss atmosphärisch mit dem Hammerpart von Haiyti konkurrieren, den man dann dafür vom Song schmeißt. Und Casper ist hier spürbar nicht up to the task. So viele kleine Momente gehen verloren, in denen Haiyti Stille walten lässt, die kleinen Schweigepausen des Instrumentals akzentuiert, mit sich selbst ringt, Worte nachklingen lässt. Es gibt die Parts, in denen sie sich in melodramatische Intensität hochschaukelt, aber alles bewegt sich in einer natürlichen und fantastisch ausgeführten Abfolge.

Was macht Casper? Er kommt mit hundert Sachen rein und geht mit hundert Sachen raus, sein Part bewegt sich in einer monotonen Gerade durch seinen bescheuerten "So Perfekt"-Gedenkflow. Natürlich klingt seine Stimme solide auf dem Instrumental, er hat eine geile Rapstimme, aber die täuscht auch nicht darüber hinweg, dass sie aufgesetzt klingt. Der Text wirkt wahllos und gekünstelt, die Lines landen nicht, man fühlt einfach nicht, dass er meinen würde, was er sagt. In den schlimmsten Momenten wähnt man sich in seinen Part auf dem LEA-Song "Schwarz" zurückversetzt, der ebenso gewollt tiefschürfend und emotional klingen wollte, aber er kriegt es einfach nicht verkauft. Da hilft auch der ganz nette instrumentale Breakdown vor der letzten Hook nicht mehr.

Die wirkt übrigens auch nur noch zusammenhangslos rausgesamplet. Die Hook war nichtmal die starke Stelle von "Wolken". Aber hier dudelt sie viel zu oft und zunehmend monoton durch den Song, der sie samplet, wie ein Gestört Aber Geil-Song irgendeine R'n'B-Frau samplen würde. "Wolken / Mieses Leben" hatte eine geile Idee, führt sie visuell schön aus, aber versteht schlussendlich nicht, warum das Original so erdrückend gut ist. Es fällt schwer zu sehen, warum man Caspers Version lieber hören würde.

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Casper

Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Casper,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof)

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