laut.de-Kritik
Alles, was Deutschlands Radiowellen schätzen.
Review von Lena BayerNico Santos überraschte vor wenigen Tagen seine Kollegin Alli Neumann mit einer feministischen Botschaft in einem ihrer Lieder bei "Sing meinen Song". Auf seinem dritten Album "Ride" bleiben Überraschungen wie diese leider aus.
"Ride" folgt auf sein selbstbetiteltes Album von 2020 und soll seine letzten Jahre beschreiben: "Mein Leben war ein unglaublicher Ritt ... Es gab große Momente, aber nur wenig Zeit, in der um so mehr passierte. In diesem Sinne ist mein Album autobiografisch. Ich habe mein Leben Revue passieren lassen, es ist eine Bestandsaufnahme."
Meist ein eingängiger, tanzbarer Refrain, manchmal das Klavier, dazu bittersüße Worte und eine weitere, bereits gehörte Stimme aus dem Radio - das Konzept seiner Songs bleibt eher eindimensional. Da fällt schon einmal die funkige Beinote in "Weekend Lover" oder das ikonische Intro von "Blood" auf.
In guten wie in schlechten Zeiten ist das durchgehende Thema. Versprechungen ("Never Let You Down"), Drohungen ("One Day (I'm Gonna Break Your Heart")) und Liebesbekundungen für die "Number 1" bevölkern das Album: "There's a million songs in my head / I could sing at the top of my lungs / There's a million melodies I can't forget / But you'll always be my number one".
Vieles klingt wie zu oft gehörtes, nur minimal neu aufbereitetes Material aus den letzten beiden Jahrzehnten. Die Ballade "Real Love" versprüht Boyband-Nostalgie, "Intuition" erinnert an Justin Timberlake auf Solopfaden. Für "In Your Arms (For An Angel)" formte sich tatsächlich die Boygroup Santos-Topic-Schulz. Ihre Interpretation von Paul van Dyks "For An Angel" funktioniert bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Ähnlichkeit auffliegt.
Ein unerwartetes Highlight gibt es dann aber doch noch zum Schluss: "Mal Amour" mit Santos' "Partner in Crime" Alvaro Soler. Ihre Stimmen harmonieren in Kombination mit sanften Streichern und einer Santana-Gitarre und erzeugen dazu cineastische Bilder im Kopf. Wobei sich auch hier ein Intro versteckt, das verdächtig bekannt vorkommt.
"Ride" enthält in seinen 14 Songs alles, was Deutschlands Radiowellen schätzen: Pop im Vier Viertel-Takt, Features mit befreundeten Musikern und gerade so viel Elektro wie möglich, ohne einen Großteil der Hörerschaft zu verschrecken.
2 Kommentare
Dieser Kommentar wurde vor einem Jahr durch den Autor entfernt.
Die männliche Vanessa Mai. Vor der Kamera sich stets sympathisch, nahbar und "gut drauf" gebend, kein Makel, keine Ecken, keine Kanten, gar nichts. Er hat künstlerisch wahrscheinlich sogar etwas drauf und interessiert sich extrem für Musik, ordnet aber alles dem Formatradio und damit schlussendlich auch dem finanziellen Erfolg unter. Erschreckend, wie gut dieses Konzept in Deutschland funktioniert.