laut.de-Kritik

Zwischen bildgewaltiger Opulenz und wohlig warmer Nostalgie.

Review von

Rund 25 Jahre nach der Erstausstrahlung von Disneys "Der König der Löwen" kommt bald ein fotorealistisches Remake des erfolgreichsten klassischen Zeichentrickfilms aller Zeiten in die Kinos. Nur schmeckt das nicht jedem. So schreibt Mike Ryan von der Huffington Post, der sich nicht unbedingt als Fan des Originals bezeichnet, dass die Realfilm-Adaptation "die schönsten Effekte", die er "je gesehen habe", besitzt. Stephanie Zacharek vom Time Magazine findet dagegen, dass sie "schön, aber seelenlos" sei.

An der dazugehörigen und mit viel Lob überschütteten Filmmusik dürfte es jedenfalls nicht liegen, dass die Reaktionen so gespalten ausfallen. Die erscheint nun wenige Tage vor dem Kinostart als "The Lion King: Original Motion Picture Soundtrack" digital und lässt die Geschichte des Löwen Simba auf seinem Weg zum Königsthron noch um Einiges opulenter erklingen als es auf dem 94er-Score schon der Fall war.

Wie bereits dort zeichnete erneut Hans Zimmer für die klassischen Kompositionen verantwortlich. Ebenso findet man Neueinspielungen sämtlicher Nummern des Original-Films. Auch Elton Johns Stimme vernimmt man wieder, nämlich in "Never Too Late", das er exklusiv für das Remake beisteuert.

Beyoncé, die in der Realfilm-Adaptation der Löwin Nala ihre Stimme leiht, schrieb des Weiteren zusammen mit Iiya Salmanzadeh und Timothy McKenzie den Titelsong "Spirit". Der wird ebenfalls auf ihrem separaten Album "The Lion King: The Gift" vertreten sein, das sie wahrscheinlich, kurz nach dem Filmstart herausbringt.

Schon wenn die markante Stimme des Südafrikaners Lebo M. in "Circle Of Life/Nants' Ingonyama" zu Beginn ertönt, hat man wieder einmal die kultige Eröffnungsszene des ursprünglichen Films vor Augen, wenn sich alle Tiere des "geweihten Landes" zum Königsfelsen begeben, um zu sehen, wie der Mandrill Rafiki den neugeborenen Simba in die Höhe hält. Statt Carmen Twillie singt nun Lindiwe Mkhize die Strophen und den Refrain, aber im Grunde genommen bewegt sich diese Version sehr nah am Original. Nur ihr Gesang fällt im Vergleich zu Twillie ein wenig wärmer und erdiger aus.

Genauso ähnlich verhält es sich mit den weiteren Neueinspielungen, selbst wenn man diesmal fast gänzlich andere Sänger und Sängerinnen als vor zweieinhalb Dekaden hört. "I Just Can't Wait To Be King", "Be Prepared", "Hakuna Matata" und "Can You Feel The Love Tonight" unterscheiden sich kompositorisch nicht unbedingt von den ursprünglichen Versionen. Ob Beyoncé anstatt Sally Dworsky nun im letztgenannten Track ihr Können demonstriert: Wohlige Nostalgie kommt trotzdem auf. "The Lion Sleeps Tonight", ursprünglich 1939 von Solomon Linda komponiert, darf natürlich ohnehin nicht fehlen: Hier in einer kurzen und knappen Version von Billy Eichner und Seth Rogen.

Da lässt sich Hans Zimmer für seine Kompositionen deutlich mehr Zeit. Die einzelnen Schlüsselszenen des Remakes setzt er mit pompösen Bläsern, dramatischen Streichern und von Lebo M. arrangierten afrikanischen Chorgesängen überaus spannend und anschaulich in Szene.

Demzufolge lässt sich sehr gut nachempfinden, wie Simba gegen seinen gerissenen Onkel Scar nach dem gewaltsamen Tod Mufasas um die Herrschaft im Königreich kämpft, vom Erdmännchen Timon und vom Warzenschwein Pumbaa im Dschungel die unbeschwerte Philosophie "Hakuna Matata" beigebracht bekommt, die sowas wie "keine Sorgen" bedeutet, sowie Nala, seiner Kindheitsfreundin, wiederbegegnet und sich unsterblich in sie verliebt.

Gerade der Showdown zwischen Simba und Scar um das "geweihte Land", der am Königsfelsen stattfindet, unterliegt in "Battle For Pride Rock" kontinuierlich den abenteuerlichsten Drehungen und Wendungen, bis Simba seinen Kontrahenten besiegt. Dabei greift Zimmer auf Motive zurück, die er schon 1994 verwendete. Nur schmückt er die Szene mit noch mehr Bombast und Epik aus als damals. Schließlich darf es für eine Realfilm-Adaptation, die zum großen Teil von ihren atemberaubenden Bildern lebt, auch mal ein wenig mehr sein.

Und die beiden neuen Gesangs-Tracks? Die fügen sich nahtlos in die Atmosphäre des Scores ein. "Spirit" wäre wahrscheinlich auf Beyoncés letzten Alben kaum aufgefallen, hält jedoch mit stampfenden R'n'B-Beats, afrikanischem Chor und ihrer kraftvollen Stimme die "Hakuna Matata"-Philosophie weiter am Leben. "Never Too Late" dürfte auch nicht gerade zu den Sternstunden in der langen Karriere Elton Johns zählen, macht aber mit seiner Positivität und guten Laune, zumal der Song im Abspann des Films ertönt, nicht viel falsch.

Den Score beschließt dann Lebo M. mit einer Neueinspielung seines Stückes "He Lives In You" und einer südafrikanischen Variante von "The Lion Sleeps Tonight" namens "Mbube", wie es im Original hieß. Beide Songs bieten einen froh gestimmten Ausblick auf die weiteren Abenteuer, die Simba als König noch bestehen muss. Vielleicht folgen später ja noch Remakes der beiden weiteren "Der König der Löwen"-Nachfolger.

Selbst wenn schon das erste nicht das Gelbe vom Ei sein sollte, hat man immer noch den dazugehörigen Soundtrack, der zwar wegen seiner zum größten Teil orchestralen Ausrichtung sicherlich nicht ganz das liebevolle Flair des 94er-Scores erreicht, aber dafür der Dramaturgie der Handlung immer schlüssig folgt. Dadurch lässt er sich hervorragend am Stück genießen - vorausgesetzt, man kann mit Disney-Filmen etwas anfangen.

Trackliste

  1. 1. Circle Of Life/Nants' Ingonyama
  2. 2. Life's Not Fair
  3. 3. Rafiki's Fireflies
  4. 4. I Just Can't Wait To Be King
  5. 5. Elephant Graveyard
  6. 6. Be Prepared
  7. 7. Stampede
  8. 8. Scar Takes The Throne
  9. 9. Hakuna Matata
  10. 10. Simba Is Alive!
  11. 11. The Lion Sleeps Tonight
  12. 12. Can You Feel The Love Tonight
  13. 13. Reflections Of Mufasa
  14. 14. Spirit
  15. 15. Battle For Pride Rock
  16. 16. Remember
  17. 17. Never Too Late
  18. 18. He Lives In You
  19. 19. Mbube

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