laut.de-Kritik
Hey Ya! Visueller Funk am laufenden Band.
Review von Stefan JohannesbergWo sind denn die "Aquemini"-Videos? Dem Outkast-Fan fällt natürlich sofort auf, dass in der neuen Clip-Sammel-DVD seiner Lieblinge Andre 3000 und Big Boi das Mundharmonika-Monster "Rosa Parks" sowie das legendäre Raekwon-Feature "Screw It Out The Bar" fehlen. Ärgerlich, zumal das "Aquemini"-Album im Booklet neben den restlichen Werken angegeben ist und von vielen Experten als Karrierehöhepunkt der Dirty South-Pioniere angesehen wird.
Fast alle der elf ausgewählten Outkast-Videos gehen als Genre-Genialitäten in die Annalen der Hip Hop-History ein. Innovativ, funky und stets eine Geschichte erzählend setzen die kleinen, musikalischen Filmperlen seit 1995 Maßstäbe und den vielseitigen Outkast-Sound visuell um. So cruist das Duo auf der Premiere "Player's Ball" vom Debüt "Southernplayalisticadillacmuzik" dem G-Funk-Sound entsprechend mit alten Cadis durchs Ghetto.
Auf dem zweiten Album "Atliens" treiben Outkast die musikalische Entwicklung voran. Der Westcoast-Sound rückt in den Hintergrund, während spacige P-Funk-Tunes dominieren. So kommen die Clips für "Elevators" und "Atliens" mystisch religiös daher und machen die unterschiedliche Charaktere von Andre und Big Boi zum ersten Mal sichtbar. Während Andre als Turban-Hippie zum 70er Black Power-Funker mutiert, fährt Big Boi lässig und cool wie gehabt auf der alten Gangsta-Schiene. Doch nach den zwei Beiträgen wird sich der Die-Hard-Fan wundern: Wo ist das Video zu "Jazzy Belle"?
Die Frage bleibt unbeantwortet. Es geht weiter mit den Singles der vierten Scheibe "Stankonia", die trotz vollkommen abgedrehter Sounds und Raps den weltweiten Durchbruch von Atlanta's Finest bedeutet. Neben dem bildgewaltigen "Ms Jackson" lässt besonders das hektische, farbenprächtige "B.O.B." Mund und Augen offen stehen. Gegen diese lila Wiesen können die "Purple Hills" von Eminems D-12-Posse glatt einpacken. Man würde sich nicht wundern, käme George Clinton mit seinem Mutterschiff jeden Moment um's Eck geflogen.
Den Abschluss bilden die beiden Videos des neuen Doppelalbums "Speakerboxxx/The Love Below", die es in der bekannten Single-Version sowie als wesentlich interessantere Long Version gibt. Trotzdem liegt dank der fehlenden Videos ein leicht fahler Nachgeschmack auf Ohren, Augen und Zunge. Und überhaupt: Warum konnte man mit dieser DVD nicht warten, bis Andre 3000s neuester Streich "Roses" im Kasten war? Der West Side Story-Plot macht auf jeden Fall den Mund wässerig. So müsste der Titel nicht "The Videos", sondern "Some Videos" lauten.
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