Porträt

laut.de-Biographie

André 3000

Die Rollen in einer der einflussreichsten und innovativsten Hip Hop-Gruppen der Geschichte sind klar verteilt: Bei Outkast tendiert Big Boi zum Party-Tier im Football-Trikot, während André 3000 eher den Philosophen in Hosenträgern mimt. Trotzdem führt die perfekte Harmonie des Duos dazu, dass sich beide erst nach zehn gemeinsamen Jahren als Solo-Künstler versuchen.

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Mit "Speakerboxxx/The Love Below" starten sie einen ersten Soloanlauf unter vertrautem Outkast-Namen, dabei präsentiert aber jeder kaleidoskopisch seine eigenen Soundentwürfe. Auf "The Love Below" gibt Dre den Exzentriker, im Gesamtkunstwerk stellt er sich als eklektisch Kreativer dar. Nix mit Baggy Pants, wenig althergebrachte Hip Hop-Schismen aus dem Baukasten.

Der Rapper swingt im Gewand des neuen Jahrtausends. Der stilistische Nenner ist ein Prince mit Rap-Sozialisation. Singend geht es auf musikalische Weltreise, wobei das Ergebnis global den Nerv des Publikums trifft. Die Single "Hey Ya!" rockt Tanzflächen allerorten. Outkast erwachsen zu einem Pop-Phänomen mit Anspruch, bleiben aber ein Sonderfall. Gegenüber herkömmlichen Rap-Vertretern aus dem Süden sind die beiden nicht protzig genug, gegenüber konventionellen Hip Hop-Repräsentanten musikalisch zu offen.

Geboren 1975 in Atlanta, spielt André Lauren Benjamin bereits in der Schule Geige. Auch als er sich auf dem Schulhof rappend mit seinen Klassenkameraden battlet und dabei auf seinen späteren Outkast-Partner Big Boi trifft, eignet er sich Fähigkeiten an weiteren Instrumenten an. Als die Outkast-Karriere mit "Southernplayalisticadillacmuzik" (1994), "ATLiens" (1996) und "Aquemini" (1998) immer mehr ins Rollen kommt, bewegt sich André Schritt für Schritt vom gängigen Klischee des Rappers weg, ohne dabei aber den Status als allgemein respektierter MC zu verlieren.

Ein biografischer Eckpunkt Andrés beschert der Gruppe einen ihrer größten Hits: Auf "Ms. Jackson" thematisiert der Musiker seine Trennung von der Soul-Chanteuse (und Mutter seine Sohnes Seven) Erykah Badu. Der Song führt wochenlang in den USA und Deutschland die Charts an und gewinnt 2002 den Grammy für die beste Rap-Performance einer Gruppe.

Nach dem Erfolg des Doppelalbums "Speakerboxxx/The Love Below" startet André eine Karriere als Schauspieler, die über die üblichen Kurzauftritte der Rap-Kollegen hinausgeht. Zudem kürt ihn die Öffentlichkeit zur neuen Mode-Ikone, als sich André seiner knallbunten Pelzmäntel entledigt und fortan als verrückter Dandy die Hosenträger schnalzen lässt. Einen weiteren Ritterschlag lässt ihm die Tierschutzorganisation PETA zuteil werden, die ihn 2004 als World's Sexiest Vegetarian Celebrity auszeichnet.

Mit "Idlewild" veröffentlichen Outkast 2006 den Soundtrack zum eigenen gleichnamigen Musical-Film. Das sechste Studioalbum soll ihr letztes werden, 2007 erklären André 3000 und Big Boi die OutKast-Ära für vorläufig beendet und widmen sich Solo-Projekten unter eigenem Namen. Benjamin orientiert sich in neue Richtungen und lebt mit seiner eigenen Modelinie "Benjamin Bixby" sein Interesse für Design aus. 2014 spielt er im Oscar-dekorierten Film "All Is By My Side" die Gitarrenlegende Jimi Hendrix, seine wichtigste Rolle bis dato.

Neue Solo-Musik lässt allerdings auf sich warten. Stattdessen arbeitet André 3000 mit Alternativ Hip Hop-Größen wie Q-Tip und A Tribe Called Quest zusammen und erscheint auf zahlreichen Remixen. Außerdem sammelt er Gastauftritte, unter anderem auf Drakes "Take Care", Beyoncés "4" und N.E.R.Ds "No_One Ever Really Dies".

Erst zum Muttertag 2018 erscheinen zwei neue eigene Songs: "Me&My (To Bury Your Parents)" und "Look Ma No Hands". Eine traurige Ballade und ein 17-minütiges Jazz-Instrumental, beides hat wenig mit Hip Hop zu tun. Benjamins kreativer Kopf lässt sich eben nicht gerne festlegen. Er selbst sagt: "Ich liebe alle Arten von Kunst. Und ich kann nicht nur bei einer Sache bleiben. Ich schätze, ich könnte, wenn ich mich zwänge, aber ich würde immer nach neuen Dingen Ausschau halten."

Das tut er, Jahr um Jahr um Jahr. Dass er schwere Schicksalsschläge wegstecken muss (er verliert innerhalb weniger Monate beide Eltern und seinen Stiefvater und kämpft zudem mit einer Angststörung), trägt offensichtlich nicht gerade dazu bei, seine künstlerische Kompromissbereitschaft zu steigern, wie sein lange (und irgendwann gar nicht mehr) erwartetes Solo-Debüt zeigt: "NO BARS!", schreit ein Warnhinweis vom Cover von "New Blue Sun", und tatsächlich: Es finden sich darauf weder Vocals noch Beats.

Er wolle niemanden enttäuschen, so André 3000 in einem Interview, aber ein Hip Hop-Album habe er eben nicht aufgenommen. Statt dessen, unter Beteiligung zahlreicher Flöten, irgendetwas zwischen Jazz und Meditationsmusik. Sein Kollege Tyler The Creator urteilt, es klinge, als jage man in einem Garten einem Schmetterling hinterher. "I Swear, I Really Wanted To Make A 'Rap' Album But This Is Literally The Way The Wind Blew Me This Time" erklärt der erste Tracktitel. Warum? Die Antwort weiß wahrscheinlich ebenfalls ganz allein der Wind.

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Outkast - Idlewild: Album-Cover
  • Leserwertung: 3 Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2006 Idlewild

Kritik von Dani Fromm

Der Bierernst bleibt auch diesmal im Schrank. (0 Kommentare)

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