laut.de-Kritik
Reduktion wie ein Heilmittel und Damoklesschwert zugleich.
Review von Maximilian FritzAuf seinem neuen Album demonstriert Panda Bear, was er gar nicht mehr beweisen muss: Er gehört derzeit zu den wandlungsfähigsten Musikern an der Schnittstelle von Pop und Electronica. Nach der letztjährigen EP "A Day With The Homies", die zwischen dem hauseigenen Animal Collective-Sound und sporadischen Rave-Allüren pendelte, wendet sich Noah Lennox auf "Buoys" effektvollem Gitarren-Indie zu.
Nach wie vor nutzt er dazu eine Mixtur aus Geräuschen und eigens eingespielten Melodien. Der Opener und Vorab-Release "Dolphin" verdeutlicht das prompt. Über ein Tropf-Sample schieben sich nach wenigen Takten simple aber wirkungsvolle Gitarren-Akkorde, ehe Lennox seinen über Dekaden kultivierten, assoziativen Singsang beginnt. Noch stärker als auf vorherigen Platten scheint dieser in den Fokus zu rücken - stimmlich wie in seiner Botschaft: "I would always be there when you need it. Wanna give you a hand. Gonna creep. Gonna switch off the screen, un-blinded."
"Cranked" klingt danach wie eine dystopische und schiefe Lagerfeuer-Ballade. Das liegt einerseits an des Pandabären stark bearbeiteter und gelayerter Stimme, andererseits an den sich im Nichts verlierenden, schwächlich ausklingenden Gitarrenmelodien. Entfernt werden gar Erinnerungen an Jake Buggs Debütalbum wach. Gemeinsam ist beiden die auf die Spitze getriebene Lo-Fi-Ästhetik und der immense Hall, musikalisch ergeben sich ansonsten keinerlei Berührungspunkte.
Überhaupt gerät "Buoys" zu einem Album, das sich auf merkwürdige Art aus Panda Bears Diskografie hervor sticht. Neben den üblichen elektronischen Ornamenten und Spielereien, die immer wieder aufblitzen, schwebt eine fast zwanghafte Reduktion wie ein Heilmittel und Damoklesschwert zugleich über den neun Tracks. Neben der eingangs erwähnten Kombination aus Gitarre und Stimme gibt es nämlich nur wenig zu hören. Wilde Klangexzesse wie auf Tomboy oder Epen wie auf Person Pitch sucht man vergebens.
Damit macht das Album an sich nicht zwangsläufig interessant, zeigt nach mehreren Durchgängen aber eine bemerkenswerte Qualität: Es wird immer besser und besser - quasi die raue, etwas schmuddelige Antithese zum perfekt produzierten Rhye-Album, das auf Anhieb verzückt und genauso schnell zur Stangenware verkommt.
Mantra-artig und doch nie endgültig wiederholt Lennox in "Token" "Want to tell you that I want you". Dieses Outro in Möbiusband-Manier steht symptomatisch für den Reifeprozess, den das Album nach und nach durchläuft. "I Know I Don't Know" knüpft am ehesten an die psychedelische Ebene an, die Panda Bear quasi seit dem ersten Tag für sich reklamiert. Neben einem erneut ziellosen Outro bringt Lennox eine indianische Komponente ins Spiel und fasst im Vorbeigehen das Motto der LP grob zusammen: "Anything goes as long as joy's the plan."
Immer wieder adressiert Lennox auch konkretere Inhalte: familiäre Entwicklungen. "Master" thematisiert das Wesen und den Aufbruch seiner Kinder, Verfall im Titeltrack, oder psychische Abgründe im düsteren "Inner Monologue", das in mehrerlei Hinsicht an Sparklehorse erinnert.
So sehr "Buoys" handwerklich auf Reduktion und Bescheidenheit setzt, so sehr überzeugt Lennox' Songwriting nach wie vor. Kunstvoll verwebt er Lautmalereien, Psychedelik, vermeintlichen Nonsens, Humor und zutiefst emotionale Aussagen, ohne dabei groß auf der Stelle zu treten oder in Belanglosigkeiten abzudriften. Genau diesen Vorwurf muss sich das Album zwar gefallen lassen: Neue Ideen oder gar veritable Hits bleiben Mangelware. Doch auch wenn man es anfangs kaum glauben mag: Das fällt nach mehreren Durchgängen kaum noch ins Gewicht.
Noch keine Kommentare