laut.de-Kritik

Ein Juwel mit kleinen Fehlern: Was für ein Konzert!

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Nach 150 Gigs auf ausgedehnter Welttournee, präsentieren Pat Metheny und Band das Grande Finale im Big Apple. Dem verwöhnten New Yorker Jazz-Publikum setzen sie eine musikalische Gala der Sonderklasse vor. "The Unity Sessions" dokumentiert das Konzert auf DVD, CD und als MP3-Download. This is not America? Doch, ist es. Shalala-lala!

Schwerpunkt des Abends bilden naturgemäß die letzten beiden Alben, die diese Besetzung einspielte, "Unity Band" und "Kin", ergänzt um ein paar Klassiker. Den Studioversionen steht das gebotene Programm in Nichts nach. Zahlreiche Improvisationen machen den Sud auch für jene interessant, die vermeintlich schon alles von Metheny kennen.

Die stilistische Bandbreite erstaunt. Ausflüge in elegante Klassik, ballernden Free Jazz, smoothe Balladen und fetter Groove treiben fortgeschrittene Jazzheads in Verzückung. Neulinge könnten ob der komplexen Vielfalt eventuell zunächst ins Taumeln geraten. In beiden Konstellationen lohnt die Beschäftigung mit dieser Platte. Wer sie knackt, erhält ein Juwel mit kleinen Fehlern.

Das Ganze funktioniert vor allem auch wegen des betonten Facettenreichtums sehr stimmig. Mehr als ein Dutzend Instrumente setzt das Quintett im Verlauf der 15 Tracks ein. Dennoch wirkt das Klangbild nicht eine Sekunde lang überfüllt. Das ist keine Überraschung: Schon die Studiovarianten offenbaren eine Klasse für sich. Am Ende der Tour klingen die Musiker dazu noch untrennbar verschweißt.

Gerade dieser dominante Ensemble-Faktor mag manchen altgedienten Metheny-Freund verblüffen. Seine Gitarre rückt mitunter sogar etwas zu sehr ins zweite Glied. Als Hauptdarsteller fungiert über weite Strecken stattdessen Chris Potters Saxofon. Das bringt viel Segen und ein wenig Fluch.

Methenys Konzept dabei: eine krasse Kehrtwende. Erst mied er das Sax 30 Jahre. Nun gibt es volle Möhre "das Horn". Potter ist genau der richtige Mann für stilistisches Schaulaufen. "This Belongs To You" durchzieht er mit typischem ECM-Glimmen und klingt verblüffend nach Jan Garbarek anno frühe 80er. Bei "Roof Dogs" addiert er jenen Hauch Marsalis, den sich auch Sting für seine "Blue Turtles" gern borgte, und bei den zwischendrin eingestreuten Freejazz-Attacken muss er sich nicht hinter Ornette Coleman und Co. verstecken.

Dennoch gibt es einen Wermutstropfen. Etwas zu oft verliert Potter sich in ausufernden Soli, die den Grundkörper des jeweiligen Stücks verdecken und an sich reißen. Auch degradiert er Methenys oft zarte Gitarre mit gelegentlicher Breitbeinigkeit zum Sidekick. Es sollte umgekehrt sein.

Deshalb hat die Platte ihre stärksten Momente dort, wo die Kombo den Boss atmen und erstrahlen lässt. "Adagia" etwa lockt als perfekte Klassik-Miniatur. Das ausdrucksvolle "Medley" zeigt Metheny als Meister widerspruchsloser Verbindung von Struktur, Melodie und Improvisation.

Als einsamer Höhepunkt präsentiert sich das aus dem Jahr 2014 stammende "Born". Sie inszenieren es als Whiskey getränkte "Haie der Großstadt"-Ballade für Bars in denen Typen wie Paul Newman oder Steve McQeen unter schummrigen Funzeln abhängen. Dazu gibt es ganz viel Gefühl aus dem Niemandsland zwischen Herzschmerz, Romantik und wohliger Melancholie. Eines der besten Metheny-Stücke aller Zeiten und für Potter die ultimative Heldenrolle. Was für ein Konzert!

Trackliste

  1. 1. Adagia
  2. 2. Sign Of The Season
  3. 3. This Belongs To You
  4. 4. Roof Tops
  5. 5. Cherokee
  6. 6. Genalogy
  7. 7. On Day One
  8. 8. Medley
  9. 9. Come And See
  10. 10. Police People
  11. 11. Two Folk Songs
  12. 12. Born
  13. 13. Kin
  14. 14. Rise Up
  15. 15. Go Get It

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