laut.de-Kritik
Der unumgängliche Sumpf der guten Laune.
Review von Katja ScherleGern wird ja so auf ungefähr auf Höhe des dritten Albums eines jungen Künstlers von einem Reifeprozess gesprochen. Patrick Nuo ist jetzt ein verheirateter Vater, da muss doch irgendwas neu und anders und männlicher klingen. Tut es allerdings nicht. Erneut legt der wahlhanseatische Eidgenosse auf "Nuo" einen unumgänglichen Sumpf der guten Laune an.
Dabei erweckt der Einstieg den Eindruck, das schlicht betitelte Album bringe auch einen, neuen, druckvolleren Patrick mit sich. Die Singleauskopplung "Too Late (To Save It With A Lovesong)" heißt den Hörer mit rockenden Gitarren willkommen. Im Refrain wird der Wildness-Regler noch ein wenig höher gedreht: Mit einer chromatischen und damit ungewöhnlichen Notenfolge kommt so was wie Charakter in die Liedstruktur.
Zwar gilt das unter Musikern als ziemliches billiges Stilmittel – aber immerhin wird dergleichen überhaupt angewandt. Extra als Radioversion angekündigt, ist auch schnell klar, wie der Vormittagsradio-DJ mit Sicherheit das Stück anmoderieren würde: Ungewöhnliche Töne von Patrick Nuo.
Zum eigenen Leisten findet dieser Schuster aber ziemlich schnell im nächsten Track zurück. So überraschend der Opener, so langweilig kommt "Whatever It Will Take" daher. Zusammen mit "What Am I Gonna Do" und "One Way Ticket To Haze" bildet der Track die Säulen aus typischem Radioschlonz, von dem Herr Nuo und sein treuer Produzent und Songwriter David Jost (nebst anderen) anscheinend nicht lassen können. Es sei ihnen gewährt.
Schließlich hat Nuo an vielen anderen Stellen auch wirklich nette Popsongs zu bieten. Etwa "You And I", das mit Streichern, Gitarren, vorsichtigen Elektroanleihen und einem hereinbrechenden Klavierstakkato fast nach Schlager klingt. Einmal eingehört lässt sich das aber auch überhören, und es erschließt sich ein charmant dramatisches Liebeslied.
Mit diesem instrumentalen Repertoire bestreitet "Nuo" auch den Rest seiner Spielzeit. "Love" genehmigt sich großzügig ein Beatleszitat ("All you need is love") und einen großspurigen Refrain mit Streichern und mehrstimmigem Gesang. "Wachtin' Over You" ist ausgestattet mit einem derzeit sehr trendigen hohen Gitarrenintro, das einst U2 und später noch einmal Coldplay populär gemacht haben. Mit viel Hall und Kopfstimme wird auch die überall präsente Dramatik wieder hineingewürzt.
Immerhin gönnt der Patrick seinem Hörer auch entspanntere Momente wie in "What I Just Can't Have": ein sonniger Gitarrensong, in dem der Patrick ganz in cooler Soulmanier textet: "Some people have noone / […] but we have each other, mama."
"Nuo" ist ein Album, das der Schlichte seines Titels auch im Inhalt Rechnung trägt. Ewig gleichförmig gefällig summt es dahin. Wirklich nach unten rutscht man beim Hören nie aus. Echte Highlights allerdings stechen auch nicht heraus. Vielleicht sucht der geneigte Hörer solche beim Patrick auch gar nicht. Und so ist es völlig legitim, sich hin und wieder im Gute-Laune-Sumpf des Schweizers herzlich zu suhlen.
5 Kommentare
Katja, du hast von der Scheibe deinen Schreibstil beeinflussen lassen. Etwas mehr "sass", wie die US-Amerikaner sagen würden, hätte dieser Review im Fliesstext bestimmt nicht geschadet.
Dass die CD an musikalischer Egalität wohl kaum zu überbieten ist, sollte dem geneigten Hörer eh schon klar sein
So, better luck next time, wird ja keine Nuo-Scheibe sein und dann läuft die (Schreib-)Maschine wieder auf etwas spannenderen Pfaden, ich würd mich freuen.
Lieber IrishPhil, du warst wahrscheinlich nicht der einzige, der sich "sass" erhofft hat. Und das ist ja auch die Crux an der Sache Patrick Nuo mit "sass" zu bewerfen, ist wie einem Kleinkind seinen Tokio Hotel-/Revolverheld-Starschnitt wegzunehmen (q.e.d). Im Grunde ist doch alles zu Patrick Nuo schon gesagt worden und jede vermeintlich neue Kritik drehte sich letztendlich im Kreis. Wieso also wo drauf rumhacken, wo ohnehin jeder pflügt? Und ich glaube, es gibt weitaus spannendere Felder, seinen 'sass' loszuwerden. Was dann wiederum dem musikbelesenen laut.de-User erst recht Spaß machen kann - (unter Umständen fieser) 'Drive', wo man ihn zunächst gar nicht erwartet.
Aber nix für ungut, vielen Dank für deine Anmerkung. Bis zum nächsten Mal
Grüße
Katja
Bei dem habe ich boy group Vorurteile, die immer wieder wahr werden!
Ey Katja
Sry, hab deine Antwort erst gerade JETZT gelesen. Normalerweise bin ich ja aufmerksam, aber über den Namen "Nuo" les' ich wohl rigoros hinweg
Deine Argumentation stösst bei mir auf nen nickenden Kopf, hast absolut Recht! Und daher bin ich auf deinen "Drive" bei anderen Scheiben gespannt und freu mich drauf.
Rock the f**k on und geniess die Nacht!
Ob er wohl je wieder Ohrwürmer wie "5 days" oder "Undone" zustande kriegt...