laut.de-Kritik
"Superstar"-Klänge von einem ungecasteten Schweizer.
Review von Giuliano BenassiHübscher Kerl mit Surfbrett lebt mit hübscher Braunhaarigen im Bungalow am Strand. Sie streiten sich, sie haut ab, er fährt hinterher, sie zieht die unsittliche Aufmerksamkeit eines alten Hippies auf sich, sein ramponiertes Auto bricht zusammen. Eine hübsche Blondine fährt ihn in einem schnittigen Corvette zu ihrer Villa, aber was passiert? Er lässt sie abblitzen und läuft lieber zurück zu seinem Bungalow, wo er die Braunhaarige vorfindet.
Das Video lief wochenlang auf heavy Rotation. "Reanimate, hey, hey baby, emergency, it's not too late" hieß es in den dazu gehörigen Zeilen, die Patrick Nuos Debütalbum "Welcome" in die hohen Etagen der Charts gespült haben. Der junge Schweizer macht einen sympathischen Eindruck, trotzdem sind Zweifel an seiner Behauptung berechtigt, dass er im Unterschied zu gecasteten Sängern echt sei und Persönlichkeit habe.
Es ist ja nicht so, dass Alexander oder Daniel Küblböck nur Roboter mit Haut und Haaren sind. Dem Fernsehen nach scheint es einfacher zu sein, die Tour de France zu gewinnen, als sich im Finale einer DSDS-Show mit Häme überschütten zu lassen. Es ist kaum eine Frage des Castings, sondern der Musik, die dabei heraus kommt.
In der unterscheidet sich Nuo keinen Deut von der viel kritisierten Konkurrenz. Er kann sich bewegen, hat eine anhörbare Stimme und verleiht den Texten die notwendige Prise Glaubwürdigkeit. Das tun die anderen auch. Die Lieder sind abwechselnd etwas schneller oder balladesk und handeln von Liebe oder Sehnsucht. Der Klangbrei aus Gitarren, Keyboards, gelegentlichen Beats, Schlagzeug im 4/4-Takt und den unvermeidlichen Streichinstrumenten ist leicht verdaulich und gut produziert. Das ist kaum revolutionär.
Auch das Umfeld birgt keine großen Überraschungen. Bei ganzen drei von vierzehn Liedern taucht Nuo als Co-Autor auf, ansonsten stammt das Material aus der Feder David Josts. Das ehemalige Bed & Breakfast-Mitglied hat sich Hilfe bei Kollegen geholt, im Studio Regie geführt und wirkt zudem als Nuos Manager. Der gebürtige Schweizer soll aus eigenen Stücken von einem beschaulichen Dorf im Kanton Luzern in die weit entfernte Großstadt Hamburg gereist sein, um seine Karriere zu fördern. Das zeugt in der Tat von einer gewissen Persönlichkeit. Aber auch Küblböck begann seine Laufbahn in einem kleinen bayerischen Dorf. Und hatte eigenen Angaben zufolge eine böse Mutter.
Wirklich interessant ist an der Sache höchstens: Was ist aus der Blondine mit Corvette und Villa geworden? Die Redaktion ist für jeden Hinweis dankbar!
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