laut.de-Kritik
Kurz, bündig und vor allem unverbindlich.
Review von Oliver LambrechtEiner der populärsten Menschen Uppsalas ist Carl von Linné. Immerhin brachte der Mann die binominale Nomenklatur in die Biologie. Allerdings zog er erst im Laufe seines Lebens in den Ort. Bei Pelle Carlberg handelt es sich um einen waschechten Sohn der viertgrößten Stadt Schwedens. Sein Beitrag für die Wissenschaft hält sich in Grenzen. Für die zeitgenössische Kultur schafft sich der Singer/Songwriter jedoch gerade seinen Platz.
Der Titel des zweiten Albums lautet "In A Nutshell", und die Lieder wirken zunächst tatsächlich kurz und bündig und vor allem auch unverbindlich. Wie schon beim Vorgänger packt der Schwede Melancholie in süße, eingängige Popsongs. Mit einfachen Worten erzählt er schlicht wirkende Geschichten, die aber das Zeug zum Drama besitzen oder zumindest Unterhaltung bieten.
Der Opener "Pamplona" verherrlicht nur auf den ersten Hör die spanische Stadt. Mit seinen Nanana-Chören spielt ee allerdings auch offensichtlich auf die Chorpunks von I'm from Barcelona an. "I'm so inspired / give me the choir / and we'll sing: Nana, Nananananana". Ob das nun liebevoll oder verächtlich gemeint ist, darf jeder für sich entscheiden.
Weniger subtil gibt sich der Schwede in "I Touched You At The Sound Check", das einen Handschlag Mike Joice' (The Smiths) thematisiert. Der ehemalige Lieblingsdrummer bekommt darin allerdings sein Fett weg. Wenn auch nicht genug, wenn es nach Morrissey ginge. Gewollt oder ungewollt spielen einige Songs auf die einflussreichste Popband des vergangenen Jahrhunderts an.
"Clever Girls Like Clever Boys Much More Than Clever Boys Like Clever Girls" vertauscht das Rollenspiel von "Some Girls Are Bigger Than Others" und "Crying All The Way To The Pawnshop" ähnelt atmosphärisch Mozzas hinreißenden "Boxers". Wie die Briten spielt Carlberg den Soundtrack zum Leben und deckt stetig mehr Alltagssituationen und Stimmungen ab. Wenn das so weitergeht, finden sich demnächst sicher die passenden Zeilen für Magengrimmen.
Beim Zitieren macht der Musiker auch nicht vor The Cure oder Stevie Wonder halt, bekennt sich zur Freitagsliebe in "I Just Called To Say I Love You" und droht augenzwinkernd mit seinem Gemüt "If I ever get happy / my songs will start to suck / but if I ever get happy / I won't give a fuck".
Mit Ausnahme von "Clever Girls..." dreht sich jeder Song um das lyrische Ich, das Pelle Carlberg nicht ganz unähnlich sein sollte. In "Middleclass Kid" sucht Pelle im Refrain den Schulterschluss mit seinen Anhängern und dürfte dies mit der beschwingten Hymne locker schaffen. Takt für Takt setzt er sich mit seinem familiären Hintergrund auseinander und erzählt seinen Werdegang nach. Die Aufnahme klingt wie von einer Bühne gespielt und gehört auch genau dorthin.
Die frappante Ähnlichkeit mit Belle & Sebastian bleibt auch in der Nussschale bestehen. Gerade die schnelleren Stücke, etwa die Single "I Love You, You Imbecile", wirken wie aus der vertrauten Feder der Schotten. Den süßen Wechselgesang, die Claps und die Wohlfühlatmosphäre hätten sie kaum besser vertonen können. Sobald Carlberg jedoch das Tempo heraus nimmt, verliert er ein wenig seine Hörer.
Das gemächlich, glockenverspielte "Even A Broken Clock (Is Right Twice A Day)" trifft garantiert ins Herz der Fans, aber geht bei anderen schnell ins Leere. Der Prokrastinationshymne "Why Do Today What You Can Put Off Until Tomorrow?" mit sparsamen Gitarrenklängen droht das Schicksal der Skip-Taste. Auch wenn es an ein Wunder grenzt, dass gerade dieser Song fertig wurde.
Ganz zum Schluss nach dem eher trägen instrumentalen Titeltrack tönt noch ein versteckter Hit-Song aus den Boxen. Darin setzt sich der Mann aus Uppsala augenzwinkernd mit den eigenen Erfolgsaussichten auseinander. "I'll never write a Hit Song". Der Satz an sich klingt traurig. Doch von Resignation keine Spur. Das Lied endet eher fröhlich trotzig und schließt nach mehr als 43 Minuten ein kompakt unterhaltsames Album ab. Es ist kein Hit-Album, aber gut genug für jede gepflegte Plattensammlung.
3 Kommentare
Es ist wieder Zeit für tollen Schwedenpop.
Hier gibts die erste Single schon mal zum Anhören.
http://www.labrador.se/mp3/pellecarlberg-i…
Und hier ein weiter neuer Song:
http://www.pellecarlberg.se/Pelle%20Carlbe…
VÖ: 28.03.07
danke schön