laut.de-Kritik

Gegen Tierliebhaber und irische Billigfluglinien.

Review von

Gäbe es nicht schon genug musikalische Schubladen, Musikjournalisten müssten für Pelle Carlberg sofort "Dark Twee" tischlern. Carlberg gehört zu jener Sorte schwedischer Musiker, deren Glanz in der Presse von der Strahlkraft der knuffigen Belle And Sebastian herrührt. "The Lilac Time" wäre jedenfalls das grundlegende "Dark Twee"-Werk.

Die Ein-Mann-Twee-Band aus Uppsala legt nach persönlichen Tiefpunkten und mehreren Zerreißproben das dritte Soloalbum vor. Knapp 35 Minuten schmeicheln neun süßlich-beschwingte Popsongs (plus Interlude) mit hohem Wiedererkennungswert den gespitzten Ohren. Doch anders als gewohnt, driftet der Schwede in seinen Texten von der verschmitzten Melancholie in eine schmerzhafte Resignation ab.

Hier und dort klingt auch Wut und Verzweiflung durch, fast so, als hätte Pelle sich selbst den Krieg erklärt. Wie beispielsweise in "Tired Of Being PC". Zwar eröffnen die zwei Buchstaben ironische Wortspiele zur plätschernden Musik, doch die brüchige Stimme und die geschilderten Momente deuten auf eine Selbstabrechnung hin ("Tired of PC - sick of me, Lame as twee"). Der Spannungsbogen übersteht jedoch nur mit Mühe den ersten Durchlauf.

Die Abrechnung mit dem von der Presse angedichteten Genre beschließt die Platte, wie sie begonnen hat: mit einem süffisanten Seitenhieb. "1983 (Pelle & Sebastian)" erzählt von den ersten Lektionen, die heranwachsende Jungs lernen müssen. Doch scheinbar hat sich der Singer/Songwriter selbst noch keinen Reim auf die Geschichte gemacht. Es fehlt ein treffender Schlusspunkt.

"Whisper" lautet ein musikalisch reduziertes, textlich intensives Flehen um Vergebung. Es hängt dem Album einen dicken Bremsklotz zwischen die Takte und findet kaum Wirkung. In "51,3" verarbeitet Pelle einen missglückten Test auf Facebook, dessen Ergebnis knappe zehn Jahre zu früh die Midlife Crisis heraufbeschwört. Eine charmante Idee, die aber dank der verzerrten Instrumentierung musikalisch zu verquer daherkommt.

Bei den anprangernden Hymnen "Fly Me To The Moon" und "Animal Lovers" findet der Songwriter zu alter Stärke zurück. Sobald sich seine Abneigung gegen andere richtet, sei es nun eine irische Billigfluglinie oder Tierliebhaber, sammelt er mit Leichtigkeit Sympathisanten um sich. Er gibt ihnen Refrains zum Mitsingen, Melodica, Hörner, Claps und ein ordentliches Tempo.

Ingesamt fehlen "The Lilac Time" jedoch die überraschenden und packenden Momente. Es gibt einfach schon genug Schubladen und vor allem auch bessere. Folglich muss Dark Twee scheitern und Pelle Carlberg besser zu alter Ausgeglichenheit zurück finden. Seine Fans werden es ihm danken.

Trackliste

  1. 1. 1983 (Pelle & Sebastian)
  2. 2. Nicknames (ft. Karolina Komstedt Of Club 8)
  3. 3. Whisper
  4. 4. Animal Lovers
  5. 5. Metal To Metal
  6. 6. Because I'm Worth It
  7. 7. Stockholm Vs Paris
  8. 8. Fly Me To The Moon
  9. 9. 51,3
  10. 10. Tired Of Being PC

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