laut.de-Kritik
A-cappella-Leistungsschau mit griffigen Popsongs.
Review von Artur SchulzMit "Pentatonix" legt der texanische A-cappella-Fünfer bereits das vierte Album in rund zwei Jahren vor: Das nennt man wohl Produktivität. Die Neuerung 2015: Erstmals veröffentlicht die Band ein Werk mit fast ausschließlich brandneuen eigenen Songs. Der weitgehende Verzicht aufs Nachsingen (in der vorliegenden Deluxe-Edition sind insgesamt vier Coverversionen enthalten) erweist sich eindeutig als geglückt.
"Na Na Na" überzeugt als soulig anhauchter Popsong, der effektiv Handclaps mit viel Dynamik und einer tadellosen Melodieführung kombiniert. "Can't Sleep Love" fährt das eingangs vorgelegte Tempo zurück und schleicht sich als relaxter Easy Groove-Track angenehm ins Ohr. "Cracked" kommt rhythmisch gut in Fahrt und gefällt mit allerlei abwechslungsreich eingestreuten Vokaleffekten.
All das ist natürlich blitzsauber eingesungen und produziert. Doch manche Nummer erweckt wegen ihrer Perfektion und Präzision den Eindruck einer A-cappella-Leistungsschau ("Sing", "If I Ever Fall In Love"). Songs mit wirklichen Haken und Ösen finden sich kaum. Zumeist stehen Wohlklang und auch mal Lieblichkeit der Stimmen (insbesondere bei Sängerin Kirstin Maldonado) im Vordergrund. Selten nur versuchen sich Pentatonix an dunkleren Grundstimmungen, wie in "Ref".
Nachhaltigste Eindrücke hinterlassen die ruhiger aufgebauten Tracks, bei denen die einzelnen Song-Passagen nach und nach aufgebaut und miteinander verbunden werden ("Misbehavin'"). Maldonados helle Stimme sorgt für den rechten Kontrast zu den maskulinen Vokal-Klangfarben ihrer männlichen Kollegen. Wie zum Beispiel im gefühligen "Water", wo sie leidenschaftlich und mit viel Wärme ihren Leadgesang zelebriert.
Neben der Full Power-Intrumentierung finden sich auch schlank arrangierte Tracks, die dem Zuhörer die nötige Luft zum Atmen inmitten all des vokalen Trommelfeuers lassen. Da sticht dann das innige "Take Me Home" hervor, "New Years Day" mit seinem dezent hymnisch angelegten Refrain oder "Rose Gold", wo ein effektvoll in Hall getauchter Hintergrund ein ganz besonders Hörerlebnis bietet.
Krittelpunkte liefert die musikalische Ausrichtung. Pentatonix servieren ein höchst ausgewogenes Wohlfühlpop-Menü. Klar als solche zu identifizierbare Elemente aus Rock und Soul portionieren sie lediglich als magenschonende beigemischte Nahrungsmittelergänzung. Das allerdings stets auf ganz hohem A-cappella-Niveau.
Trotz des überwältigenden Social Media-Erfolgs des Quintetts hielten sich die eigentlichen Plattenabsatzzahlen noch im Rahmen. Am erfolgreichsten verkaufte sich bislang das Weihnachtsalbum "That's Christmas To Me". Doch mit dem Konzept, in erster Linie auf eigene Songs zu setzen, legen Pentatonix zumindest in Sachen Reputation zu. Damit setzen sie dem Vorwurf, zu nicht geringen Teilen als industrieller Internet-Hype aufgebaut zu sein, verstärkt Eigenständigkeit entgegen: der richtige Karriere-Schritt.
1 Kommentar
A-cappella auf CD ist ja fast noch unnötiger als eine Mittelohrentzündung. Da lassen sich die Stimmen ja noch ordentlich aufbohren. Live muss da was kommen...