laut.de-Kritik
Poetisch und popverspielt: Shoegaze- und Britpophelden erkunden das Seelenleben.
Review von Kerstin Kratochwill2019 erschien mit "Brickbat" ein erfrischend poppiges wie politisches Debütalbum von wichtigen Protagonisten des Britpop und Shoegaze: Miki Berenyi (Lush), Justin Welch (Elastica), KJ McKillop (Moose) und Mick Conroy (Modern English) gründeten die Band Piroshka, und diese erweist sich als keine Eintagsfliege.
Mit "Love Drips And Gathers" erscheint nun das zweite Album, das sich als experimenteller, elaborierter und laut Berenyi auch viel 'shoegaziger' erweist. Auf "Scratching At The Lid", der ersten Single-Auskopplung, trifft dies voll und ganz zu – der Track steht in der hymnischen Lush-Tradition und ist darüber hinaus eingängig, euphorisch und ergreifend schön.
Die anderen Songs sind wesentlich ruhiger und oftmals von einer Zärtlichkeit erfüllt, die der Liebe zwischen Berenyi und KcKillop samt Kinder huldigen ("The Knife Thrower's Daughter") oder allgemein dem Leben und der Erinnerung wie im voller French-Charme und Stereolab-Einschlag bebenden "Wanderlust" oder "Echo Loco". Besonders intim und introspektiv ist dieser seelenvolle Ansatz im gitarrenzittrigen, an den Riff in "How Soon Is Now" erinnernden Song "V.O." zu spüren, der dem viel zu früh verstorbenen 4AD-Grafiker Vaughan Oliver gewidmet ist. Dieser hatte nicht nur ikonische Albencover für Lush und Modern English gestaltet, sondern inspiriert auch ganz eindeutig das brillante Design der Piroshka-Releases.
Mit Xylophon, Mellotron oder dem "Miki-Tron" – einem eigenen Vocal-Sample – erkunden Piroshka so die Gefilde unserer und ihrer Gefühle, ohne jemals rührselig oder romantisch zu werden. Die Songs bleiben klar, klarsichtig und ähneln irgendwie einem Klartraum.
"Love Drips And Gathers" – der Titel stammt aus einem Gedicht von Dylan Thomas – ist damit tatsächlich voller Liebe. Es tropfen Einflüsse von Art-, Synth- und Dream-Pop hinein, und das Ganze ist eine Kräuselung strudeliger Songs, die einen sanft umfassen und eine weitere Zeile des Thomas-Poems musikalisch umschreiben: "How time has ticked a heaven round the stars".
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