laut.de-Kritik
Läuft hier etwa die neue Helloween?
Review von Michael EdeleEs gibt doch immer wieder ein paar Dinge, die wirklich überraschen könn(t)en. Kollege Dobler mit Seitenscheitel, Angie Merkel wird Miss Saturn, Twix heißt plötzlich wieder Raider oder 'ne eingefleischte, deutsche Power Metal-Band versucht sich auf einmal an neuen Sounds und Melodien. Zumindest letzteres ist tatsächlich eingetreten.
Die Rede ist hier von "Seven Seals", dem neuen Album von Primal Fear. Jene Band, die seit 1998 eigentlich die besten Judas Priest-Songs gespielt hat, die die Engländer nie geschrieben haben. Ich hätte nie im Leben damit gerechnet, dass sich an dieser Tatsache je etwas ändern würde, doch die Schwaben legen mit "Seven Seals" eine handfeste Überraschung vor.
Schon bei "Demons And Angels" frage ich mich unbewusst, ob ich nicht etwa aus Versehen die neue Helloween eingelegt habe. Das ist zwar nicht der Fall, die ein oder andere Parallele zu den Hanseaten ist jedoch herauszuhören. Doch sind es vor allem die bombastischen Keyboards, die im Primal Fear-Sound neu sind und den Mittelteil des Openers schon beinahe episch gestalten.
Deutlich traditioneller schicken sie anschließend "Rollercoaster" ins Rennen, wobei der Song zum Chorus hin etwas an "Mindmachine" vom "Black Sun"-Album erinnert. Ist also gar keine schlechte Idee, sich anderen Klängen gegenüber zu öffnen, ehe man anfängt, sich selbst zu kopieren. Die Nummer bedient Fans der Band bestens und dürfte live auch des öfteren zu hören sein.
Die symphonischen Klänge tauchen beim Titeltrack erneut auf und verleihen ihm sogar eine wahnsinnig dichte Soundtrack-Atmosphäre. Wahrlich nicht das, was man von der Band erwartet, aber ein richtig guter Song, dem mit "Evil Spell" der wohl schnellste Track folgt, den Primal Fear je geschrieben haben. Das Teil zischt wirklich ordentlich ab und geht als lupenreiner Thrash Metal durch.
Mit "The Immortal One" folgt ein weiterer, eher typischer Power Metal-Song, der gewohnt gut ist, aber im Vergleich zu den anderen, experimentellen Songs, eben auch nicht mehr. Deutlich interessanter präsentiert sich da schon das balladeske "Diabolus", bei dem ich erneut einige Helloween-Parallelen zu vernehmen meine, was aber auch an den erneut stark vertretenen Orchestersounds liegen mag.
Daran schließt sich "All For One" zunächst auch sehr ruhig und atmosphärisch an, ehe es deutlich an Fahrt aufnimmt und sich zur typischen Primal Fear-Hyme Nummer 3 entwickelt. Doch da gibt es ja noch "Carniwar", bei dem Ralf in der Strophe nicht nur auf einen recht ungewöhnlichen Gesang setzt, sondern zum Chorus hin richtig Feuer unterm Arsch macht. Ein weiteres Stück, das live für einige Bewegung sorgen sollte.
Bei "Question Of Honour" darf sich Ralf mal als Sänger an einer alten Sinner-Nummer versuchen und erledigt diesen Job erwartungsgemäß äußerst souverän. Eine Spur zu kitschig kommt allerdings das abschließende "In Memory" daher. Keine Ahnung warum, aber das Teil klingt mit seinen Streichern nahezu wie auf den amerikanischen Markt zugeschnitten und viel zu glatt. Das ändert nichts am positiven Gesamteindruck von "Seven Seals", die wie keine andere Primal Fear-Scheibe für Überraschungen gut ist. Das enge Korsett ihres Sounds haben sie damit auf jeden Fall gesprengt.
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