laut.de-Kritik
Was für ein Porno-Jahr!
Review von Philipp GässleinGeht's noch? Zwei Mixtapes, eine Collabo-CD sowie sein viertes Soloalbum: das Erntejahr 2005 fällt für den Berliner auf jeden Fall porno aus. Als Appetizer für das nächste große Soloding wirft er nun einen gerappten Lebenslauf auf den Markt. Machte sich Savas mit einem ähnlichen Projekt noch zu unserem besten Freund, so präsentiert Prinz Pee seine eigene Geschichtsschreibung - die Essenz einer siebenjährigen Karriere, die vielfältiger kaum sein könnte.
Besonders stilvoll erscheint die Trackanordnung, öffnet man das Booklet. Als talentierter Hobbydesigner präsentiert uns der Rapper einen Zeitstreifen zur chronologischen Einordnung aller Tapes, EPs, Solos und Collabos, und da kommt eine Menge zusammen: Panz Dominanz, P.R.O.Molle, Beatfabrik, zahlreiche Battle- und Demotapes, Samplerbeiträge und natürlich verschwörungstheoretische Soloraps unter verschiedenen Pseudonymen. Wer jeden der insgesamt 40 Beiträge schon kennt, der ist mindestens so Untergrund wie der Erdkern persönlich.
Wer glaubt, das kompromissloseste an dem jungen Labelboss sei sein Name, liegt dagegen quasi 20.000 Meilen daneben. Ob er sich von Aliens entführen lässt, während er seine Blase gegen Heckenrosen entleert, oder sich Crack, LSD und Insektizide gleichzeitig reinballert und seine Visionen in Reime packt, nur ein Wort wird seinen Phantasien gerecht: krass. Er ist eben ein Träumer: "Jedes Kind dieser Welt hat sein Essen auf dem Teller. / Man operiert die Stimmbänder von Arabella, / kryogenisiert Stefan Raab, der nervt entsetzlich. / Dieter Bohlen bringt sich um, das Deichkind rappt nicht."
Oder auch einfach nur: "Wenn Töne töten könnten, und das können sie, ich weiß es, / wäre jetzt ein See mit Blut an dem Ort wo Freundeskreis ist." Prinz Pee ist Berliner genug, um seine Standard-Feindbilder in der Spaß- und Hippierapszene zu suchen. Im Gegensatz zu so vielen anderen liefert er aber gleich einen mehr als adäquaten Ersatz mit: Battlerap mit Niveau, Storytelling für Erwachsene und oftmals einfach nur gerappten Wahnsinn, technisch und inhaltlich geeignet, Köpfe zum Platzen zu bringen.
Schade, dass auf eine CD keine drei Stunden Musik passen. Andernfalls hätte man jeden Track ganz genießen können, statt nur die extrahierten Parts des Wunderkindes. Doch schon die zehn vollständig enthaltenen Stücke rechtfertigen den Kauf dieser Platte. Alte Klassiker wie "Träumer" und "Keine Liebe" wurden interessant durch den Mixer geleiert, den Abschluss bilden die exklusiven Kracher "Geschriebene Geschichte" und "Reiß Es Ab!".
Für Fans des rappenden Fließbandarbeiters ist die Scheibe sowieso Pflicht. Aber auch allen anderen Interessierten kann "Geschriebene Geschichte" guten Gewissens nahe gelegt werden. Es macht einem das musikalische Schaffen des Berliners nicht nur schmackhaft, es hilft darüber hinaus, die Faszination, die von dem derzeit wahrscheinlich besten deutschen MCs ausgeht, zu verstehen. Wer sonst kann schon nach nur sieben Jahren 40 potenzielle Bomben auf Platte pressen, ohne dabei Klassiker wie "Wind", "Würfel" oder "Teufel Im Schafspelz" überhaupt berücksichtigen zu müssen?
1 Kommentar
ich danke porno für seine tracks. er rappt über vieles was mir schon lange durchn kopp geht oder ich selbst einfach nich in worte fassen kann. er lässt bei mir gefühle enstehen von denen ich nichts wusste und ich bin in vielen hinsichten auf jedn fall seiner meinung... einfach nur GEIL! ich lieb seine tracks und hör "geschriebene geschichte" jeden morgen beim aufstehn