laut.de-Kritik
Elektronische Experimente ergänzen den altbekannten Gitarrensound
Review von Michael SchuhZugegeben: Als ich diese Scheibe zur Rezension in die Hände gedrückt bekam, war ich eher überrascht als erfreut, ging ich doch davon aus, daß sich die Rainbirds, ähnlich den Kollegen der Jeremy Days, einige Jährchen nach dem nie wieder erreichten Chartbreaker konsequenterweise aufgelöst hatten. Doch dem selbstbetitelten Debutalbum von 1987 folgten in stiller Regelmäßigkeit und unkonstanter Bandbesetzung fünf weitere Studioproduktionen, die den Nährboden für die nun vorliegende Livepräsentation bilden.
Aufgenommen während der letztjährigen "Forever"-Tour in Kiel und Oldenburg, ist "rainbirds3000.live" ein durchaus homogenes Album geworden. Die elektronischen Experimente vom letzten Album mußten sich live nicht dem Gitarrensound beugen, im Gegenteil: seit die Band auf einen Bassisten verzichtet, ist das Klangbild noch synthetischer geworden. Insofern ist es wenig verwunderlich, daß "rainbirds3000.live" in der Zeitschrift "Keyboards" einer der Anwärter auf die Platte des Monats Februar ist.
"No amends" und "Absolutely free" sind schöne Kompositionen mit Ohrwurmcharakter und "Shoot from the Hip" ist die ungezwungene Popperle des Albums. Ansonsten plätschert vieles vor sich hin, als warte es darauf, interessant gefunden zu werden. Jeder Track reiht sich praktisch nahtlos an den vorangegangenen an und würde man das höfliche Applaudieren der paar Hundert Anwesenden überhören, könnte es sich auch um einen Song von 76 Minuten Länge handeln.
Es mangelt an überraschenden Breaks oder mutig-ungestümen Ausschweifungen, die dem Ganzen den dringend notwendigen herben Schliff verliehen hätten. Ausgerechnet "Blueprint" bildet da die Ausnahme. Der rockige Gassenhauer wurde von Keyboarderin Ulrike Haage mit viel Gefühl ins elektronische Gewand gekleidet und besticht durch einen atmosphärischen Spannungsaufbau, der sich erst nach gut fünf Minuten mit dem ersten Intonieren des Refrains entlädt.
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