laut.de-Kritik
Erwartense was.
Review von Nicole Mons"Hallo Berlin!" hallt es in die ausverkaufte Open-Air-Bühne an der Wuhlheide. Mit am Set sind Nilo Neuenhofen und Jürgen Lamprecht samt Profi-Crew, um diesen Event vor 17.000 Menschen auf Silberling zu konservieren. Nun, die Nachwelt darf sich freuen. Gemessen an der letzten DVD namens "Live aus Berlin" kann die neue Scheibe nochmals punkten. Die Tracklist hört sich ähnlich an - man fragt sich spontan, was die "Live & Draußen" soll. Der Titel ist bereits die Antwort! "Live aus Berlin" mit 'nur' dreieinhalbtausend Leuten war der Mitschnitt eines Hallenkonzerts, die neue Produktion hingegen setzt ganz mächtig einen drauf.
Da 'poppen' die "Sternraketen" gleich zu Anfang nicht bloß am Berliner Abendhimmel auf, sondern gleiten geigenweich in die Arena hinein. Synthiepop heut' mal in Moll und dazu mal mit Geige? Nach zwanzig Takten hat man es gepeilt und gibt sich selig lächelnd diesem "Unsinn" hin. Sekunden später schlägt der Song in Pogo um. Tränchen hastig weggewischt, tobt die Menge schon beim ersten Song.
Später kommt neben AnNas Hüten die modische Song-Wendejacke zum Einsatz, die ein einstiges Credo der Berliner unterstreicht: "Erwartense nix!" Und wenn, dann das Unerwartete. Dabei erweisen sich Rosenstolz als veritable Rockband, die on stage einiges zu bieten hat. Deftige Riffs, markige Drums, versierte Saxophon- / Gitarren-Soli, 'ne ganze Tüte voll Ideen, und nicht zuletzt die geschmeidige Geige einer Anne de Wolff.
Die Berliner hatten Glück: der 12. Juni 2004 ist ein fantastischer Sommertag, der in den Abendstunden viele Farben in den Himmel malt. Wenn die Dämmerung die Anwesenden in warmes Licht taucht, verwandelt sich die Kindl-Bühne mehr und mehr in ein Lichtermeer aus tausenden Feuerzeugen und Wunderkerzen.
Was Kameraführung, Regie und Technik angeht, wollte man mehr als bei der Pilot-DVD "Live aus Berlin", das wird sofort klar. Auffällige Bildführungen und verblüffende Schnitte führen einen teils mit tollen Close-Ups sehr nah an das Geschehen. Die Kamera scannt wie im Auftrag des Betrachters die Profile der Akteure, verharrt ein paar Sekunden, um dann wieder - unterbrochen von markanten Schwarzweiß-Aufnahmen - in die Totale zu wechseln.
Im Bonus-Ordner liegt ein achtteiliger Tour-Report, ein süßer Kurzfilm "Der Größte Trick", eine umfassende Bildershow und natürlich die Songtexte, die auf Wunsch als Untertitel eingeblendet werden. Fazit: Die Scheibe ist ihr Geld wert. Professionell und kreativ gemacht, prallvoll und mitten im Geschehen bietet sie dem Betrachter genau das, was solch eine Produktion leisten soll: Daheim wirklich mitten drin zu sein, im sommerlichen Ambiente der Arena, der mitreißenden Show und der strahlenden Gesichter, die dieses Ding so wertvoll machen.
Noch keine Kommentare