laut.de-Kritik
Die Berliner Melange schmeckt nicht jedem.
Review von Philipp GässleinDie drei Mitglieder der frisch gegründeten Schlagzeiln geben ein durchaus buntes und breitgefächertes Sammelsurium als musikalische Einflüsse an: Von den Prinzen bis zu Dizzee Rascal, von Kinderzimmer Productions bis Manu Chao, von Frank Zappa bis zu Charlie Parker. Was soll man von so etwas halten?
Der Druck auf die Playtaste offenbart: Einiges! Was MisterMo mitsamt den Gästen Germ, Drumkid und JK Indeed seinen beiden MCs an Instrumentals unterschiebt, ist an Facettenreichtum nur schwer zu überbieten. Das Spektrum reich von Reggae ("Komma Klar") über klassische Rapbeats ("Frag Mich Nicht"), ("Nur Angst, Kein Respekt") bis hin zu mannigfachen Jungle-Variationen. So wenig homogen das auf den ersten Blick wirken mag, das alles entbehrt nicht eines roten Fadens. Erstaunlicherweise lässt sich das Ding beanstandungslos am Stück durchhören.
Die Schlagzeiln sind Mitglied der Freequencies, einem politisch aktiven Künstlerkollektiv, und so wundert es wenig, dass neben Alltagsgeschichten auch ein dicker Haufen Sozialkritik seinen Weg auf das Debütalbum findet. Das ist sicher lobenswert, zumal die Hauptstadt diesbezüglich Gegenden wie München oder der Rhein-Neckar-Region im öffentlichen Bewusstsein hinterher hinkt und die Berliner Schnauze dafür doch eigentlich wie geschaffen ist.
Die meisten Fans dürften dem textlichen Inhalt auch den größten Wert der Schlagzeiln-Musik beimessen. Denn wem politische Themen am Allerwertesten vorbeigehen, dem bieten die MCs Refpolk und Kobito wenige Technikskillz als Alternative. Auf Dauer strapaziert der monotone und weitgehend ungefeilte Rapstyle des Duos meine Nerven dann doch.
So wie sich "Melange" je nach Region entweder als leckere Cappuchino-Variante oder als brechreizförderndes Bananenweizen entpuppen kann, so zweischneidig schmeckt auch die Melange aus Berlin. Für Rastaträger und Antifa-Button-Träger, die ein Bedürfnis nach Beats haben und sich in der weiten Prärie zwischen Dancehall und Rap heimisch fühlen, könnten die Schlagzeiln ein förmlicher Lesermagnet sein. Der gewöhnliche Raphörer muss schon ein großes Interesse an textlichen Inhalten mitbringen, um dieses Album langfristig zu feiern.
3 Kommentare
Nichts gegen Bananenweizen!
Hab das Ding selber noch zuhause rumliegen, sollt' ich vielleicht auch mal reinhören...
habe es mir gestern angehört, finde es die review trifft zu.
sehr cooles album.
der kommaklar-beat (reggae-style) ist von meinem homie jk indeed.
münchen-berlin, oidas!