laut.de-Kritik
Ein Coveralbum als Bäumchen-wechsle-dich-Spiel.
Review von Christoph DornerCover-Alben gelten gemeinhin als schwierige, weil oftmals besonders angestrengte Angelegenheit. Und irgendetwas stört alsbald auch an "Fellow Travelers" von Shearwater, das – wie Sänger Jonathan Meiburg im Vorfeld eingesteht – der Band aus Texas irgendwie unter der Tür durchgeschoben wurde. Eigentlich sollte aus der assoziativen Beschäftigung mit den Songs der Tourpartner der letzten zehn Jahre nur eine Wohnzimmer-EP entstehen.
Doch dann habe das Projekt ein Eigenleben entwickelt, sagt Meiburg, der "Fellow Travelers" für das beste Shearwater-Album hält. Es ist ja auch ungewöhnlich, dass mit Ausnahme von Coldplay alle gecoverten Bands auf dem Album auch selbst zu hören sind. Und zwar in wiederum fremden Songs – ein hübsches kleines Bäumchen-wechsle-dich-Spiel ohne künstlerischen Mehrwert, das einen aber daran glauben lässt, dass es zumindest in den USA noch eine Indie-Szene gibt.
Dafür stellt sich ein anderes Problem: Die konzeptionelle Fallhöhe zwischen den beeindruckend nachhallenden Studio-Alben "The Golden Archipelago" und "Animal Joy" und der Sprunghaftigkeit der zehn Coverversionen, sie ist ziemlich groß. Man kann es hier ruhig noch einmal aufschreiben: Die letzten beiden Shearwater-Alben waren heimliche Meisterwerke: majestätisch, graziös, geheimnisvoll – wie die Naturerscheinungen, die darin gepriesen wurden.
Dagegen muss ein Album naturgemäß abfallen, auf dem Shearwater ihre Regiekunst nacheinander über Queercore, Low-Fi-Folk, Indie-Rock und Major-Pop legen. Gewiss, die Band hat sich einige hübsche Songs vorgenommen: Die unkaputtbare Suizidanten-Hymne "I Luv the Valley OH!!" von Xiu Xiu etwa, aber auch "Cheerleader" von St. Vincent, das Shearwater durch eine etwas ziellose Countryfizierung leider versemmeln.
Oder die pubertäre, herrlich R.E.M.-artige Weltanklage "Fucked Up Life" von The Baptist Generals, unter die Clinic ihre typisch übersteuerte Lärmkulisse gelegt haben. Coldplays "Hurts Like Heaven" wirkt ohne den produktionstechnischen Bombast des Orginals dagegen wie eine zahnlose Power-Ballade, wie eine halb aufgeblasene Hüpfburg.
Schön ist wiederum die Neuschöpfung "A Wake For The Minotaur", eine hauchzarte Folk-Ballade, die Meiburg mit Sharon Van Etten singt, die vor ihrer Karriere als Songwriterin Tourmanager bei Shearwater war. Für Hardcore-Fans und Tagesreisende ist "Fellow Travelers" somit durchaus eine lohnende Destination. Alle anderen warten lieber auf Shearwaters kommendes Album, das 2014 erscheinen soll.
1 Kommentar mit einer Antwort
Schade, hatte ja auch auf ein neues "richtiges" Album gehofft...:(
Kommt doch 2014!
Mir gefällt auch dieses, nennen wir es Tribut Album, gut