laut.de-Kritik
Warum wollen die bloß alle gleich klingen?
Review von Benjamin FuchsWas ist das denn? Die neue Snow Patrol-Single "You're All I Have" geht mit einer ordentlichen Portion Stadionrock ins Rennen. Haben sich Herr Lightbody und Co auf ihrer U2-Support-Tour also doch anstecken lassen? Fett produzierte, kompakte Gitarrenteppiche und klischeetriefender Uhuhuhu-Singsang im Hintergrund - hier wird in Zukunft das ganz große Geld verdient, schreit der Auftakt des vierten Albums "Eyes Open".
"Hands Open" rockt ein wenig härter als sein unmittelbarer Vorgänger. Der Bass bumpert zuverlässig, die Gitarre sägt pointiert in den Gesang hinein und lodert im Refrain offen verzerrt und pflichtbewusst vor sich hin. Ein Schelm, der hier ab und zu an Bush denken muss. Dann beginnt mit "Chasing Cars" das, was bei etlichen anderen Bands der britischen Inseln passiert ist. "Mach das doch mal ein wenig balladesker, den Sound etwas breiter und epischer, damit geht grade was", scheinen sich Bands aus dem UK in letzter Zeit im Proberaum zuzurufen. Das Ergebnis ist eine recht schnell um sich greifende Zwangshalbballadisierung, die auch schon eine tolle Band wie Athlete zu einer unter vielen degradierte.
Warum wollen die bloß alle gleich klingen? Seltsame Begleiterscheinung: Die Atmosphäre stimmt oftmals nicht. Zuviel Bombast und Produktion, zuwenig Authentizität. Bei "Chasing Cars" geht es gerade noch mal gut, während "Shut Your Eyes" im seinem sphärischen Keyboardgeblubbere ersäuft. Es folgen nette Popballaden mit Ausflügen zu Chorgesang und Streichern, das unsägliche "Make This Go On Forever" treibt die Eierschaukel-Belanglosigkeit auf die Spitze.
Nach der Hälfte des Albums meldet das Gehör nicht einmal Zufriedenheit. Den einen oder anderen Song kann man vielleicht in Werbespots einbauen. Aber ein Album einer Band damit zu bestücken, die ernst genommen werden möchte, grenzt an groben Unfug.
Dann doch noch ein Lichtblick: Mit "Set The Fire To The Third Bar" kommt die wunderbare Martha Wainwright und damit die zwischenzeitliche Erlösung ins Spiel. Hier funktioniert etwas. Eine gezupfte Gitarre, sparsames Piano und zusätzliche, ganz leise Feedbacksounds schaffen mit minimalistischem Einsatz eine Atmosphäre, in welcher die Stimmen von Gary Lightbody und seiner Duettpartnerin wirken können. Besonders schön geraten ist die Passage mit dem langsam marschierenden Rhythmus. Highlightalarm.
Und gleich zurück auf den Boden der Tatsachen. "Open Your Eyes" haben Snow Patrol wohl von Embrace eingekauft, jedenfalls klingen sie hier mehr nach ihnen als nach sich selbst. Am Schluss gipfelt alles in einer epischen Steigerung mit hektischen Streichern, die das ganze Dahinplätschern in den vier Minuten (vielleicht auch das des halben Albums) zuvor vermutlich vergessen machen soll. Funktioniert aber nicht.
Verzaubern kann "Eyes Open" unterm Strich keineswegs. Dafür wirkt es zu zerfahren, das Songwriting bleibt über weite Strecken fast gehaltlos. Etwas esoterisch ausgedrückt: Dem Album fehlt es am Hauch des Besonderen. Hier wird routiniert, wenn nicht gar kalkuliert musiziert. Die Band zeigt, warum sie kommerzielles Potential hat, vergisst aber, das Herz mit in die Waagschale zu werfen - als hätten sie Angst gehabt, es könnte sich abnutzen, wie ihr Ideenreichtum. Von Snow Patrol erwartet man mehr.
29 Kommentare
Sehr sehr gut.
anhören muss erst.
kann nur gut sein.
sehr tolles album vorallem set the fire to the third bar u make this go on forever ... aaaah so schön =D ^^
Finde die Kritik auch unfair.
Shut your eyes ist ein gutes Lied für den richtigen Geschmack.
Das erste Lied der CD finde ich eine Katastrophe.
Die Lieder die Laut gut findet sind eine Katastrophe wie auch set the fire into sonstwas.
Nur weil jemand Punkrock hören will und eine Mischung aus Coldplay und Green Day bekommt muss derjenige nicht anderen Leuten den Spass nehmen die einen anderen Geschmack haben.
hab' vor zwei jahren auch mal meinen senf zu geben und steh' nach wie vor dazu.
sehr überzogene review von benny fuchs, wohl wahr.