laut.de-Kritik
Einzigartiges Klangmonument mit verdammt viel Seele.
Review von Andreas BättigWer Musik am liebsten als nettes Nebengeräusch für andere zu erledigende Tätigkeiten genießt, wird mit TV On The Radio nicht klar kommen. Zu komplex sind die Songstrukturen, zu unfassbar der Mix der Genres, der Melodien, der Klangbilder. Kein Wunder erscheint das Album wie ein musikalisches Bild, das vom Hörer interpretiert werden möchte. Denn Tunde Adebimpe und David Andrew Sitek sind beide vielseitig begabt und malen auch gerne zusammen Gemälde oder drehen Filme.
Auf ihrer Musik-Palette befinden sich Farben mit den Namen Soul, Funk, Gospel, Elektronik und Rock. Damit kreieren sie ein buntes Soundbild, das durch Chaos und doch klaren politischen Aussagen besticht. Bereits "I Was A Lover" vereint in sich Klavier, Trompete, Elektronikbeats und einen souligen Gesang. Das Stück folgt nicht linear einer Songstruktur, sondern überrascht durch plötzlich auftretende Synthie-Wände, scheinbar wahllos dreingemixten Melodie-Gefiepseln und sich ständig wechselnden Rhytmusmustern.
Was im Detail wie ein Farbklecksmonster wirkt, funktioniert als Gesamtkunstwerk. Schnell wird klar, dass hier Künstler mit konkreten Ideen und einer klaren Vorstellung ihrer Musik ans Werk gegangen sind, jedoch immer bereit, spontane Einfälle miteinzubauen. Die New Yorker erfreuen sich großer Beliebtheit bei Musikerkollegen und konnten diesmal sogar David Bowie als Gaststar gewinnen, der im Song "Province" mitwirkt, auch wenn sein Gesang dezent integriert wurde. Produziert hat das Album David Andrew Sitek selbst, der bereits bei zwei Yeah Yeah Yeahs-Platten mitmischte.
Die Beats in "Playhouses" formieren sich zu einem Drum'n'Bass-Untergrund. Auf ihnen richten sich die Synthie-Klänge zu einem undurchdringlichen Summen auf. "I meant every word / Just didn't know your demons / Do you know mine, babe? / Are you wasting time, babe?", singen die beiden Fronter gebetsmühlenartig im Gospelklang. Poetisch und ruhig bezaubern die Multitalente in "Tonight". "My mind is like an orchard / Clustered in frozen portraits / Of blossoms that blommed so fine / Just to drop from the vine / I've seen 'em all tonight", sanfte Gitarrenklänge begleiten die Zeilen.
TV On The Radio scheinen eine unerschöpfliche Inspirationsquelle zu besitzen, aus der sie Ideen für die verschiedensten Formen und Strukturen von Musik gewinnen. "Return To Cookie Mountain" stellt in seiner Variationsvielfalt ein einzigartiges Klangmonument dar, das mit seinen verspielten und experimentellen Einzelheiten den Hörer jederzeit zu überraschen vermag.
Noch keine Kommentare