laut.de-Kritik
Halbgarer Mittelalterrock lockt keine Hexe vom Scheiterhaufen.
Review von Ulf KubankeBereits die letztjährige "Eselsmesse" bot kaum mehr als perfektionierte Routine. Mit dem zehnten Studioalbum, "Freitag Der 13.", geht es im Hause Tanzwut nicht gerade inspirierter zu. 13 öde Lieder lang gibt es halbgaren Mittelalterrock vom Discounter. Damit locken Teufel und Co. nun echt keine Hexe mehr vom Scheiterhaufen herunter.
Es muss wieder ein Konzeptalbum sein. Das hatten wir ja schon lange nicht mehr. Schon die "Eselsmesse" wirkte thematisch recht gezwungen, doch mittlerweile ziehen Tanzwut anscheinend jedes lahme Thema herbei, um es mit angestaubtem Lametta des dunklen Zeitalters zu behängen. Ihre Töne und Texte werden dabei leider nicht besser oder gar interessanter.
Ähnlich wie bei Faun, verkommt ihr ehemals durchaus ambitionierter Ansatz zum angeschlagerten Dienstleistungsrock. Der funktioniert zwar super im Bierzelt, wenn auch der letzte Mann komplett dicht ist. An allen anderen Orten versagt die Platte jedoch und versinkt in glatt gerührter Harmlosigkeitssoße aus ziellos geblasenen Dudelsäcken und radiotauglich-zahmen E-Gitarren.
Metal-Light war gestern, jetzt ist Metal-Zero angesagt. Damit versagen sie bei Freunden archaischen Folks ebenso wie bei gestandenen Heavy-Rock-Fans.
Besonders traurig wirkt der Niedergang von Tanzwut bei "Spielzeugland" oder "Der Zeitdieb". Das ständige Wiederholungskarussell langweiliger 08/15-Melodien wäre schon schlimm genug. Wenn Teufel jedoch durchweg all sein Charisma an der Garderobe abgibt, indem er eine Art Gaukler-Abziehbild von Rammsteins Lindemann liefert, und das Ganze noch mit deren typischen Stakkatogitarrenwänden untermalt, bricht endgültig das große Gähnen aus.
Obwohl Teufel und Konsorten zu den echten Veteranen des Genres gehören, scheint nicht einmal mehr ein Tropfen ehemaligen Pioniergeistes in ihm zu wohnen.Tanzwut beschreiten keinen einzigen neuen Weg, sondern folgen nur jenen ausgelatschten Pfaden, bestellen Felder, die Kollegen souveräner beackern. In Extremo haben den charismatischeren Krächzer, Corvus Corax filigranere Songs und Saltatio Mortis die besseren Lyrics. Es bleibt ein Rückfall ins musikalische Mittelfeld der grauen Mäuse.
Da retten auch prominente Partner wie Erik Fish von Subway To Sally nicht mehr viel. Das gemeinsam intonierte "Spiegelkabinett" bietet kaum mehr als einen stinknormalen Abzählreim aus der Vorschule, den man ins Stromgitarrenkorsett zwängt. Spätestens wenn der STS-Frotman zwischendurch auf evil Märchenonkel macht, klingt er nicht dämonisch, sondern wie ein quietschendes Hundespielzeug, das gern Kinski wäre.
So passt es hervorragend ins vergilbte Bild, wenn Tanzwut für die Alternativversion von "Vorbei Ist Vorbei" ausgerechnet Martin Engler holen, der mit Mono Inc regelmäßig lustvoll den oberflächlichen Niedergang all dessen zelebriert, was die Gothic-Kultur einst aufbaute.
Spätestens nach diesem guten Dutzend schablonesker Lieder, die mit immer denselben einschläfernden Breitwandäxten und Schema-F-Sackpfeifen aufwarten, stimmt man Tanzwut gleichwohl gern zu, wenn sie grölen: "Vorbei ist vorbei und ich bin wieder frei!"
6 Kommentare mit 7 Antworten
Debütalbum und "Labyrinth der Sinne" haben Spaß gemacht, alles danach hat mich nicht mehr vom Hocker gerissen. Die Entwicklungsfähigkeit in diesem Genre ist dann doch eher begrenzt.
Nur weil ihr was gegen Mittelaltermusik habt. Siehe Feuerschwanz.
Armes Deutschland.
Sorry, aber ich find' dieses ganze Genre echt einfach vollkommen lächerlich. Kann mir vielleicht jemand Interessiertes bitte mal etwas vorstellen, das mein Vorurteil da abschwächen könnte?
Hm, "meine dahingehenden Vorurteile" klingt schöner, denke ich. Editierbutton!
Welche Vorurteile? Hör dir mal paar Bands dieser Liste (https://de.wikipedia.org/wiki/Mittelalter-…) an. Graumsam. Eins schlimmer als das Andere.
Auch schön: https://www.youtube.com/watch?v=ke5BtmHtsyQ
So ein lächerlicher Quatsch. Ich bin froh, dass ich niemanden kenne, der sowas hört.
https://www.youtube.com/watch?v=GKD1E1ZYsPg
Man muss halt auf den Gesang stehen.
Aber das Genre nun als lächerlich einzustufen, weil man's nicht mag... ich weiß nicht. Ist halt ein eher spezielleres Genre, das vorraussetzt, dass man mit Dudelsack und diversen anderen altertümlichen Instrumenten, Textgut etc. zurecht kommt.
Es stimmt aber, was RaoulDuke oben anspricht: Die lyrische und musikalische Entwicklungsfähigkeit in dem Genre scheint eher begrenzt. Wenn, dann hat das elektronische Ausschweife wie z.B. Subway To Sally auf "Mitgift" oder eben Tanzwut in ihrem bisherigen Schaffen. Ansonsten ist man halt als Band aus diesem Bereich auch sehr an den Epochen- bzw. "Mittelalter"-Aspekt gebunden, wenn man vernommen werden möchte. Merkt man auch sehr häufig, wenn man über neuere In Extremo Alben diskutiert, die ja nun doch eher in die Deutschrock-Richtung gehen und kaum noch von Galgen, Spielleuten etc. handeln. Da fallen meist schon so Floskeln wie "Das ist nicht mehr Band XY".
Klingt abgedroschen, aber man muss da einfach drauf stehen. Ich finde "Freitag der 13." gerade deshalb so gut, weil's nicht wie die übliche Platte in dem Genre klingt, die mittlerweile zig Interpreten einspielen.
Was ich vergessen habe: Es gibt eben auch weit klischeefreiere Bands wie Qntal, Estampie, Helium Vola oder ganz frühe Faun, die auch nicht so in die Rocksparte spitzen.
@Schnuddel: Das hier vielleicht?
https://www.youtube.com/watch?v=71swxdSzY1w
Danke an Hmm, auf sowas hab' ich spekuliert.
Würd' ich persönlich zwar nie und nimmer freiwillig hören, aber so komplett mega-peinlich wie Catchs Earth Warriors (Tun die weh!) ist das nicht.
Schmuddel, das kann man so zu ungefähr jedem Genre sagen.
Täusch' ich mich, oder lispelt der Sänger?
Das die mal was gutes rausgebracht haben, ist tatsächlich schon was her... Eben genauso wie In Ex, StS und der ganze andre Haufen.
Je einfacher die Texte und primitiver die Riffs, desto mehr Menschen erreicht man halt.. kann man an den "Großen" immer ganz gut sehen.
Tanzwut sind nicht mal so relevant, dass es hier einen Fanboy Aufstand geben würde. Traurig