laut.de-Kritik
Kalkulierter Country-Pop ohne Herz und Seele.
Review von Daniel StraubCountry ist wieder in. Diese Weisheit ist nicht ganz neu, mögen manche einwenden. Zurecht, schließlich konnte sich Country-Musik längst vom angestaubten Image früherer Tage befreien und gilt spätestens seit Johnny Cashs Fusion von Country und Rock als credibel und chic. Beides Attribute, die sich das Quintett Texas Lightning mit dem ersten offiziellen Longplayer "Meanwhile, Back At The Ranch" gerne anheften möchte.
Ein vielleicht nicht minder zugkräftiger Grund, sich Texas Lightning in den CD-Player zu legen, offenbart sich beim Blick auf das Line-Up der Cowboyhut-Träger. Mit dem Comedy-Star Olli Dietrich und seinem Partner Jon Flemming Olsen spannen Texas Lightning zwei zugkräftige Pferde vor ihren Country-Karren. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ist somit gesichert. Nun wäre es freilich ungerecht diese CD-Besprechnung allein Olli Dietrich anlasten zu wollen.
Schließlich können Texas Lightning auf eine mehrjährige Geschichte zurück blicken - die kürzeste Zeit mit Dietrich im Line-Up. Und vielleicht wäre es besser gewesen, der Comedian hätte sich weiter auf "Dittsche - das wirklich wahre Leben" konzertriert. Dann wären Texas Lightning eine Liebhaber-Sache geblieben. Und das wäre auch gut so. Nach alt bekanntem Muster (Handsome Hank oder The BossHoss) werden Pop- und Rockclassics auf Country getrimmt.
Doch was bei Handsome Hank dank origineller Interpretationen viel Spaß macht, verkommt bei Texas Lightning zum kalkulierten und billigen Nashville-Effekt. Wer also "Kiss", "Highway To Hell" oder "Walk On The Wild Side" als langweilige Country-Pop-Versionen mit in seine Sammlung aufnehmen möchte, der greife zu. Hört man sich "Meanwhile, Back At The Ranch" an, dann glaubt man zu wissen, welche Produktionen Johnny Cash im Sinn hatte, als er der Welt beibrachte, was "flipping the bird" bedeutet.
Texas Lightning tischen konsequent produzierte Langeweile auf, die so stromlinienförmig daher kommt, dass es eine Freude ist. Doch der Blick über den Atlantik zeigt auch, dass dies den Verkaufszahlen noch lange keinen Abbruch tun muss, im Gegenteil. Nur eines ist gewiss: Ist der erste Hype erst einmal vorbei, werden Texas Lightning von ihren eigenen Klons aus den Hitparaden verdrängt.