laut.de-Kritik
Ausgefeiltes Alternative-Werk der unbekannten Stars.
Review von Michael Schuh"Die Frames und Radiohead sind live wahrscheinlich meine zwei Lieblings-Rockbands der Welt. Sie setzten Standards, die auch ich anstrebe". Der Verfasser dieser Zeilen ist der irische Songwriter Damien Rice, dessen Kunst hier zu Lande eher einem überschaubaren Kreis bekannt ist, wodurch sein Zitat auf dem Sticker der neuen Frames-CD vielleicht nicht den gewünschten Werbeeffekt erzielt.
Dafür stammt Rice wenigstens aus Irland, weiß also vermutlich, wovon er spricht, und als Eyecatcher müssen dann eben Radiohead herhalten. Mit denen haben The Frames wiederum nur entfernt zu tun (im Wissen um das Erstellen von Spannungsbögen), doch auch Thom Yorkes Mannen saßen ja vor Urzeiten mal in der alten Karre Alternative Rock, die The Frames bis heute gerne durchtreten.
Vordergründig geht es dem Label darum, die tatsächlich schon seit 15 Jahren vor sich hin rockenden Iren endlich auch außerhalb ihrer Heimat bekannt zu machen, was sie fraglos verdient haben. "Burn The Maps" ist ihr fünftes Studioalbum, gleichzeitig das zweite für den Epitaph-Ableger Anti, der seinen guten Ruf vor allem den Ausnahmekünstlern Tom Waits und Tricky verdankt. Das Dubliner Quartett um den Singer/Songwriter Glen Hansard bevorzugt denn auch einen abwechslungsreichen Zugang zum alten Alternative-Monster, der nicht selten epische und intensive Ausmaße annimmt, wenngleich sich mit diesen Adjektiven mittlerweile jede zweite Newcomerband schmückt.
Zwischen Lo-Fi, Folkrock, Grunge und Emo ist bei den Frames stilistisch alles möglich, wenn's sein muss auch innerhalb eines einzigen Songs, was aber glücklicherweise nie Nerven tötet. Die akustischen Eröffnungsakkorde von "Happy" erinnern kurz an den letzten Cure-Opener, bis Hansards Stimme einsetzt und die glorreiche Rock-Ära der frühen 90er Jahre wachruft. Darf man den Frames ob des Pianos hier noch eine leichte Affinität zu den Glasgower Indie-Jungs von Snow Patrol andichten, zeigen sie später ungeniert auf die ganz Großen: im noisigen "Underglass" grüßen entfernt die Pixies, die Hansard einst erst zur Musik bewegten, in "Fake" schwingen zunächst die frühen Pumpkins, später leider auch Live mit.
Trotz vertrauter Eindrücke sind die Frames-Kompositionen in ihren Laut-/Leise-Schemata meist zu ausgefeilt gestrickt, um zu langweilen. Besonders schön lässt sich an den zurückgenommeren Songs ablesen, wo die allseits gepriesenen Livequalitäten herkommen könnten. Etwa am ausgefeilten "Keepsake", das sich, tja, beinahe Radiohead-gleich und von schäumender Lava begleitet, zu einer späten Eruption hoch schaukelt. Das theatralische "A Caution To The Birds" mausert sich mit zunehmender Dauer dank pointierter Streichersätze zu einer satten Hymne, und auch das in sich ruhende "Suffer In Silence" gehört zu den besseren Tracks. Gefällt sich das Quartett in allzu offensichtlicher Nostalgie ("Fake"), treten dagegen Verschleißerscheinungen auf.
Insgesamt liefern The Frames eine runde Alternative-Scheibe ab, die keine augenwischenden Gimmicks auffährt, um den Innovationspokal abzustauben, sondern lieber bescheiden auf gutes Songwriting achtet. Ob Damien Rice nun Recht hat mit seiner Empfehlung, und warum "Set List", das letzte Livealbum der Frames, 2004 auf Anhieb Platz eins der irischen Charts einnahm; all das erfahren wir wohl nur im Konzertsaal.
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