laut.de-Kritik

"We move on, endlessly!"

Review von

Wie lange ist das nun her, seit die englische Presse zur Auflagenstärkung eine angebliche Oasis-Blur-Fehde vom Zaun brach, bis sich die Protagonisten beider UK-Hoffnungen am Ende tatsächlich hassten? Eine gefühlte Ewigkeit. Was beide Bands eint, ist schnell erzählt: sehr gute Alben zu Beginn ihrer Karrieren. Es blieb allerdings Blur vorbehalten, später zu beweisen, welch wundersame Sound-Blüten das Bekenntnis zur Innovation treiben kann.

Während Oasis-Songwriter Noel Gallagher heute selbst zugibt, dass seine frühen Alben zu den Klassikern seiner Band gehören, entflieht Blur-Kopf Damon Albarn der künstlerischen Stagnation seit Jahren mit Kollaborationen, die ein beängstigend hohes Level halten. Stets ist er bemüht, Musik zu erschaffen, die nicht nur ihn selbst fesselt, sondern auch den Kids neue Soundhorizonte aufzeigt. Die Zukunft immer im Blick, hat sich Albarn somit in gewisser Weise die Rolle eines musikalischen Erziehers angeeignet, einer Art Pop-Studienrat.

Arbeitete er bei den Gorillaz vorwiegend mit jungen Kollegen, dominieren bei The Good, The Bad And The Queen die Alten. Auf die Musik wirkt sich das nur insofern aus, als dass man die Mitwirkung des hippen Produzenten Danger Mouse diesmal fast gar nicht bemerkt. Paul Simonon, The Clash-Bassist und Coverstar des Meilensteins "London Calling", Ex-The Verve-Gitarrist Simon Tong und Afrobeat-Legende Tony Allen ordnen sich dem Allroundkünstler Albarn überraschend deutlich unter.

Folgerichtig beginnt die gemeinsame Arbeit mit einem "History Song", der in seiner sphärischen, zäh fließenden Umsetzung einerseits den Weg für die kommenden Songs ebnet, der schreibenden Journalistenzunft andererseits die Möglichkeit gibt, Parallelen zu jüngeren wie älteren Albarn-Highlights zu ziehen ("Out Of Time", "Strange News From Another Star"). Die Songs sind allesamt akustischen Ursprungs und lassen nur gelegentlich elektronische Soundschnipsel ("Northern Whale", "Nature Springs") oder verquere Beatmuster (Three Changes") zu. Hier und da liegen auch wieder Dub-Einflüsse als Schleier über den Songs, wie man es in ähnlicher Form von den Gorillaz kennt.

Wie harmonisch das Quartett im Studio zueinander gefunden haben muss, lässt sich allein daran ablesen, dass selbst Fela Kuti-Drummer Allen, laut Brian Eno der "beste Musiker der vergangenen 50 Jahre", keine exzentrischen Soli auffährt. Stattdessen gibt sich jeder einzelne dem Fluss der Komposition hin. Zu den Highlights zählen die narkotische Vorabsingle "Herculean", das flüchtige "Kingdom Of Doom", die Velvet Underground-Hommage "Nature Springs" und das wunderbare, siebenminütige Abschlusswerk.

Mit "Green Fields" nimmt Albarn gegen Ende noch eine Nummer mit rein, die er eigentlich für Marianne Faithfulls letztes Album geschrieben hat. Seine noch reduziertere Umsetzung, verbunden mit schönem Harmoniegesang und flirrenden Keyboards, bringt das Konzept The Good, The Bad And The Queen recht gut auf den Punkt. Musik als wabernder Bewusstseinsstrom in einer wirren Zeit der Virtualisierung sämtlicher Lebensbereiche und des Anhaltens wüster Kriegsszenarien. "We move on, endlessly", seufzt Albarn in "Northern Whale". Wenigstens musikalisch will man ihm sofort zustimmen.

Trackliste

  1. 1. History Song
  2. 2. 80s Life
  3. 3. Northern Whale
  4. 4. Kingdom Of Doom
  5. 5. Herculean
  6. 6. Behind The Sun
  7. 7. The Bunting Song
  8. 8. Nature Springs
  9. 9. A Soldier's Tale
  10. 10. Three Changes
  11. 11. Green Fields
  12. 12. The Good, The Bad & The Queen

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