laut.de-Kritik

Wie frisst man Indierocksänger?

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Es drohen gruselige Zeiten: "Der Schnäuzer ist jetzt in. Jungs, wir habens fast geschafft." Doch es gibt auch sprudelnde Quellen des Trostes, in den Tagen der albernen Gesichtsbehaarung: Die Jungs vom Plot haben sich mit Dirty Sanchez zusammen getan, was bedeutet: Die Rapper Jack und Elmäx verlassen sich inzwischen nicht nur bei ihren Liveshows auf die Rückendeckung einer Band.

"Wollt ihr die Drums, den Bass und die Gitarre?" In Hip Hop-Kreisen eine ganz und gar nicht alltägliche Frage. Solange die klassische Garagenrock-Besetzung aber mit Cuts, ordentlichen Raps und zudem amüsanten Texten gewürzt wird: "Wieso verbieten, was Geschmackssache ist?"

Die beiden Düsseldorfer MCs bestechen weder mit besonders ausgefallener Technik noch mit den ausgefuchstesten Reimstrukturen. Das große Pfund allerdings, mit dem sie wuchern: der stets hörbare Spaß an der Sache. Herzerfrischend unbeeindruckt von Trends und Moden scheint man beim Plot nur einer Hoheit zu huldigen: dem eigenen Vergnügen.

Dieser Umstand gebiert zuweilen herrlich schräge Momente. Den Verächtern des schlechten Geschmacks intoniert man in bester Männergesangsvereins-Manier ein inbrünstiges "Motherfucker". Eine funky Instrumental-Passage lockert durchgeknalltes "Schrauben"-Zählen im Irrenhaus auf.

Ob allerdings eine untergewichtige Indierockband tatsächlich als Hauptzutat für ein perfektes Dinner taugt? Jack und Elmäx ists wurscht, "Ich Fresse Einen Indierocksänger". Zuweilen muten ihre Ergüsse - Beispiel "Aussicht" oder "Valentina" - zwar ein wenig pubertär an. Wer sich als "Freunde Des Schlechten Geschmacks" in Szene setzen will, dem mag man solches aber nicht wirklich ankreiden.

Völlig gegen den Strich geht mir im Grunde nur "Party Als Ob", eine zweifellos funktionale Haudrauf-Abfeier-Nummer, die ihren stimmigen Bildern zum Trotz auch von Deichkind oder - bewahre! - den Atzen stammen könnte. Einem geradeaus prügelnden Beat folgen Schlumpf-Techno-Momente der übelsten Sorte, und nein, es geht niemals als Lappalie durch, wenn das Bier alle ist!

Überraschend ernsthafte Geständnisse wie in "Sie Sagt", in der weibliches Wunschdenken männliche Ängste schürt, oder das getriebene "Keep Runnin'" entschädigen dann wieder für manchen Ausrutscher im Pennäler-Humor, zumal die musikalische Umsetzung der ab und an ein wenig ziellosen Texte fabelhaft gelingt.

"Den Kopf voll Melancholie, das Herz voll Tatendrang", das spiegelt sich in der mühsam im Zaum gehaltenen Energie von "Keep Runnin'", die sich erst im Refrain endlich Bahn brechen darf. Gitarrenklänge untermalen den in "Aussicht" zelebrierten Tittenfetischismus. "Valentina" schwankt zwischen geradezu alpinem Volksmusik-Sound – die Basslinie hätte auch eine Tuba liefern können – und Spuren von Ska, während "In Einem Zug" einmal quer durch den Jazz-Keller swingt.

Hier erweist sich Elmäx, die dunklere der beiden Stimmen, letztlich doch als der anspruchsvollere, weil rhythmisch versiertere der beiden Rapper. Was aber im Grunde vollkommen gleichgültig ist. Das Zusammenspiel mit Kumpel Jack funktioniert durchgehend bestens, ob nun Zeile für Zeile oder Vers für Vers gewechselt wird. "Ich zitiere Philosophen, wenn mir Textzeilen fehlen": Durchaus zur Nachahmung empfohlen, diese Strategie.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Freunde Des Schlechten Geschmacks
  3. 3. Schrauben
  4. 4. Ich Fresse Einen Indierocksänger
  5. 5. Medienpint feat. Liza Li
  6. 6. Harald & Rolf
  7. 7. Keep Runnin'
  8. 8. Aussicht feat. Sorgenkind
  9. 9. Party Als Ob
  10. 10. Valentina
  11. 11. In Einem Zug
  12. 12. Sie Sagt

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