laut.de-Biographie
The Robocop Kraus
Die wildesten Kerle kommen immer vom Land. Das war früher in der Schule schon so, als die rauen Bauersöhne die härtesten Fäuste hatten, und daran hat sich auch heute nichts geändert. The Robocop Kraus sind wild und Freaks, wohnen aber immer noch im beschaulich fränkischen Nürnberg. Ein Ort der wilden Kerle und der größten Entertainer, wie die Live-Sets der furiosen Fünf beweisen.
In ihrem frühen Dress-Code zum Durchdrehen (Second Hand Anzug, Hemd und Krawatte) rocken sie schon bald halb Europa, die Staaten und Japan. Denn wie wild muss man eigentlich sein, um seinen Bandnamen aus dem Lieblingsfilm und dem Lieblingsentertainer, dem deutschen Elvis Peter Kraus zu kombinieren?
Genau. Ziemlich wild. Deshalb spielen die vier Ur-Mitglieder Thomas Lang (Gesang), Matthias Wendl (Gitarre), Johannes Uschalt (Schlagzeug) und Roman Maul (Bass) 1998 auch noch in den wild-rockigen Bands Cyan und Maggat und gründen die Robos quasi nur als Ausgleichsband. Allerdings mit der Voraussetzung, dass jeder ein anderes Instrument spielt als in der Haupt-Band.
Nach den ersten Proben verlässt Roman die Band. Für ihn steigt Tobias Helmlinger ein, und mit Markus Stecker findet sich ein Organist, der mit seinem Instrument den Sound der Band maßgeblich prägen wird. Auf dem Do-It-Yourself Label Swing Deluxe, das Johannes und Thomas ein Jahr zuvor gegründet haben, erscheint 1999 eine erste Split-LP mit Cherryville und später das Debüt "Inferno Nihilistique 2000".
The Robocop Kraus sind Punkrock auf der einen Seite. Auf der anderen Soul. Zwischendrin eine fette Schicht Hardcore-Mentalität. Auf der nächsten Seite wieder Pop. Und die übernächste ist dann schon wieder das komplette Gegenteil.
Und am Ende ist es doch nur Rock'n'Roll, der von 1965 mal kurz einige Jahrzehnte in die Zukunft katapultiert wurde und, was am schönsten ist, weder alt noch verbraucht klingt und konstant auf höchster Flamme durchbrennt. Ein Bremspedal kennen die Nürnberger nicht, und so touren sie auch mit der deutschen Band Yage und den New Yorker The World Inferno Friendship Society im Jahr 2000 durch das Land und lassen keinen Club unverändert zurück.
Im Januar 2001 nimmt die Band in Bietigheim-Bissingen (stay ländlich!) das zweite Album "Tiger" auf. Das erscheint zwar nicht mehr auf dem eigenen Label, sondern bei den Tschechen von Day After, aber The Robocop Kraus arbeiten hart daran, selbstbestimmt zu bleiben. Die Touren werden weiterhin selbst gebucht, das Artwork selbst gezeichnet, nach Konzerten übernachtet man im Flur von Wildfremden.
Nach "Tiger" fallen die Nürnberger über ganz Europa herein und lassen bei ihren Shows mit Bands wie Milemarker, Monochrome oder The Make-Up kein einziges Hemd im Schuppen trocken. 2002 fliegt man das erste Mal über den Teich und spielt eine Tour in Amerika und Japan. Am 24. März 2003 erscheint ihr dritter Longplayer "Living With Other People" - mit dem Hamburger Kult-Label L'Age D'Or bleiben sie weiterhin stilsicher. Ihr Song "Fashion" entwickelt sich zu so etwas wie einem Indie-Hit und The Kraus avancieren zum Geheimtipp.
Ihr viertes Album nehmen The Robocop Kraus mit Pelle Gunnerfeldt zusammen auf, der schon die Hives produziert hat. In Stockholm entsteht das großartige "They Think They Are The Robocop Kraus", das im Juni 2005 auf den Markt kommt. Zu dieser Zeit gibt Johannes die Drumsticks an Hans-Christian Fuss weiter.
Mit Unterstützung des deutschen Musikexportbüros spielen die Nürnberger kurz nach dem Nordamerika-Release des Albums am 21. Februar 2006 drei Konzerte in Kanada, unter anderem auf der Canadian Music Week. Zwei Auftritte sind in Toronto angesetzt und einer in Montreal, nach denen sich bestimmt auch die kanadischen Rockfans den Worten des britischen NME anschließen, die folgenden Lobworte zum Albumrelease finden: "Inspirational idea-packed German post-punk."
Doch nicht nur in Kanada spielen die Krausis auf, auch in Russland, den USA oder Japan sind sie in der Folge erneut unterwegs. Eine Pause gibt es nicht, nach Abschluss aller Tourneetätigkeiten gehts direkt wieder ins Studio. Dann allerdings ohne Tobias, der im September 2006 seinen Ausstieg aus der Band bekannt gibt. Der Rest entschließt sich, trotzdem weiterzumachen und holt als Ersatzbasser Peter Tiedeken von One Man And His Droid an Bord.
In dieser Konstellation entsteht "Blunders And Mistakes", das im September 2007 wiederum bei Epitaph erscheint und eine der anstrengendsten Tourneen der Gruppe nach sich zieht. "70 Konzerte in 80 Tagen, danach ging erstmal nichts mehr", erinnert sich Sänger Lang.
Anstatt Dinge zu überstürzen, ziehen sich die ausgelaugten Bandmitglieder zurück und widmen sich musikfernen Themen. In lockerer Atmosphäre trifft man sich anschließend wieder, diskutiert, schreibt neue Songs. Und siehe da, es geht weiter mit den Robocops, wieder mit einem neuen Basser. "Ich konnte es kaum erwarten, die Demos meinen Freunden vorzuspielen, was immer ein gutes Zeichen ist", verrät Thomas Lang. Dorfpunks sind eben nicht kleinzukriegen.
Ab 2007 herrscht dann allerdings erstmal völlige Funkstille, erst ab 2014 gibt die Band wieder vereinzelt Konzerte. 2022 erscheint "Why Robocop Kraus Became The Love Of My Life" mit einigen schon auf EPs oder als B-Seiten veröffentlichten Raritäten, aber auch einigen neuen Tracks. Ab April 2023 gehen Robocop Kraus wieder auf Tour und stellen ihr neues Album "Smile" vor, das ebenfalls im April erscheint. Eine The-Band sind sie nun nicht mehr, aber im Alter weiß man eben besser, worauf man verzichten kann. Auf Singalong-Hits jedenfalls ganz bestimmt nicht.
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