laut.de-Kritik
Tracks wie Peitschenhiebe: Industrial-Postpunk als Therapie.
Review von Kerstin KratochwillUm nichts weniger als unsere Existenz geht es im fünften Album von The Soft Moon, das mit dem Kunstwort "Exister" betitelt ist und wie im prügelnden Industrial-Track "Answers" nach Antworten auf unser Dasein sucht. Hinter dem 2009 gegründeten Projekt steckt der Multiinstrumentalist Luis Vasquez, der seit dem Debütalbum die düsteren Pfade des Gothic erkundet und sich nun besonders persönlich und verletzlich zeigt.
Auf dem Cover sehen wir den Musiker als Kind: Der Künstler sucht in den Songs nach seinem jüngeren Ich – gleichgültig, wie schmerzhaft dieser Prozess letztlich werden kann. Denn auf "Exister" möchte The Soft Moon jede Emotion, jedes Experiment, jede Erfahrung teilen und packt dieses ambitionierte und anstrengende Vorhaben in Tracks, die die Hörerschaft wie Peitschenhiebe treffen.
Technoide kalte Songstrukturen wechseln sich mit brodelnd bedrohlichen Soundkulissen ab oder kulminieren in düsteren Postpunk-Welten. Besonders eindringlich ist die innere Gefühlswelt von The Soft Moon im Stück "Monster" erfahrbar, in dem es darum geht, wie sich jeder von uns in ein zerstörerisches Wesen verwandeln kann. Musikalisch begleitet wird dieser Gedanke von pulsierendem Elektro-Pop, der stets von unbehaglichem Synth-Wabern wie aus einem Cronenberg-Film begleitet wird. Und so wie dieser die Extreme unseres Daseins und Körper filmisch auslotet, erforscht The Soft Moon diese mit radikalen rhythmischen Mitteln.
Die Songs, die von ekstatischen Freuden und lähmenden Tiefen des Lebens handeln, sind kompromissloser Lärm zwischen Wegbereitern des brachialen Noise wie Nine Inch Nails oder Einstürzenden Neubauten sowie aktuellen Kollegen des kargen Darkwave wie Molchat Doma oder Drab Majesty.
"Exister" ist der Soundtrack dieses Existenzialismus: "'Exister' is my way of saying 'I'm here, deal with it'", wie Vasquez lapidar erklärt. In der Philosophie von Sarte, Camus und Co. heißt es ähnlich trocken: "Der Mensch ist seine Existenz".
3 Kommentare
Frau Kratochwill wieder mal mit einem Top Einschub! Damn, was hab ich das gefeiert, als Petruso und Marone für den Trailer zu "Suburra" damals bei The Soft Moons "Want" zugegriffen haben (hab trotzdem nie ne Folge angeschaut, aber die Score-/Soundtrack-Produzenten scheinen wirklich guten Geschmack zu haben).
https://invidious.fdn.fr/watch?v=Ufw0XwKebK8
Bis heute einer meiner liebsten Electrobeat-getriebenen Messermilch-Abfucktracks über alle Genres hinweg! Werd auch hier mindestens zwei Ohren und volle Aufmerksamkeit investieren.
Am Anfang war er noch richtig gut, als die Vocals noch tief im Mix vergraben waren und der Sound noch so einen rituellen Vibe hatte. Jetzt wenn man die Texte versteht, klingt das so emomäßig, auch weil er mMn nicht unbedingt ein begnadeter Lyriker ist.
RIP