laut.de-Kritik

Die Angst, beim Publikum in Ungnade zu fallen.

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Nachdem die Rettung des Rock'n'Roll zum Glück nicht gelang, wendet sich Chaz Bundick wieder Synthieflächen und wabernden Beats zu. Nur nennt er sich mittlerweile Chaz Bear und verarbeitet auf der Platte eine Trennung, einen schweren Autounfall sowie seinen 30. Geburtstag. Die Präsenz seiner Boo Boos, der Wehwehchen, aber auch das Fehlen seines Boos, der Ex-Freundin, lassen das fünfte Toro Y Moi-Album im Vergleich zu den Vorgängern so anders klingen.

Nicht zuletzt beschreibt Bear mit "Boo Boo" die unterschwellige Angst des Künstlers, beim Publikum in Ungnade zu fallen. Es sind die potenziellen Buhrufe im Kopf eines Zweifelnden, die den nach innen gerichteten Sound des Albums ausmachen. Bear rollt seinen prägenden Chillwave neu auf, verstreut nostalgisch Selbstzitate, rutscht zunehmend in melancholische Gefilde.

Dabei beginnt "Boo Boo" noch mit eitel Sonnenschein. "Mirage" versprüht ein Gefühl von Laufsteg-Pop und Kaltgetränken am Pool, wie es bereits Bears drittes Album, Anything In Return, geprägt hat. Verhaltener Funk erinnert dabei an eine längst überfällige Wiederankunft desjenigen, der früher mal Prince hieß. Während "Mona Lisa" ähnlich schwärmerisch in die Weite blickt, beizeiten sogar enthusiastisch Tempo aufnimmt, bildet es gleichzeitig eine Art Scharnier zum versprengten Mittelteil des Albums.

Zum Ende hin zerlegen sich die Flächen in Zeitlupe und ziehen sich bis in das experimentelle Stück "Pavement" hinüber. Mit viel Reverb und geisterhaften Stimmen erinnert Toro y Moi hier eher an die raumgreifenden Tonkollagen von Oneohtrix Point Never. "Don't Try", dessen Synthieflächen auf eine innige Verbundenheit zu Vangelis schließen lassen, durchbricht die kurzzeitige Homogenität. Zeichnen sich frühere Toro Y Moi-Alben vor allem durch ihre Hermetik aus, bleibt sie hier auf der Strecke. Auch "Windows", das wunderbar als Drake-Instrumental funktionieren würde, und "Embarcadero" unterstreichen dies.

Umso mehr fällt das letzte Drittel des Albums ins Gewicht, das mit der Single "Girl Like You" Bears Dasein als Schlafzimmer-Produzent herauskehrt. Wohl dosiertes Autotune mischt sich mit 808-Klängen aus der Drummachine und wirft einen angenehm nostalgischen Blick auf das frühe Schaffen, ohne die Verve späterer Album zu missen. Dabei hangelt sich der 30-jährige nonchalant an 80er Jahre-Bezügen entlang, die von Teenie-Engtanz bis zu den zerstückelten Beats und Synthies eines Com Truise reichen.

Und so findet der Sound des Albums schließlich über den Rückblick zu sich selbst. Es besteht kein Zweifel daran, dass sich in der Introspektion die Suche nach einem Kurswechsel zeigt, die auch genau so zu hören sein soll. Zugunsten eines Verweises auf die eigenen Ursprünge erteilt Toro Y Moi seinen Ausflügen in die Welt der psychedelischen Rockmusik nun eine klare Absage.

Trackliste

  1. 1. Mirage
  2. 2. No Show
  3. 3. Mona Lisa
  4. 4. Pavement
  5. 5. Don't Try
  6. 6. Windows
  7. 7. Embarcadero
  8. 8. Girl Like You
  9. 9. You And I
  10. 10. Labyrinth
  11. 11. Inside My Head
  12. 12. W.I.W.W.T.W.

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