laut.de-Kritik

Auf die Rote Liste der gefährdeten Alben.

Review von

Holla, Freunde - das Bond-Cover von "When The Lights Go" hätte man jetzt nicht mit Totally Enormous Extinct Dinosaurs verknüpft. Da ich nicht nach Buchstaben bezahlt werde, heißt der Künstler ab hier TEED. Warum rezensieren wir einen DJ, der vor zehn Jahren sein letztes und erstes Album veröffentlichte? Weil "Trouble" ein Meilenstein war, ein Dance-Pop-Club-Alleskönner mit mehr Hooks als Bugs Bunny. Orlando Higginbottoms musikalisches Fehlen nahm Jai Paulsche Ausmaße an. Nun sichtete der Engländer 60 seit 2018 geschriebene Tracks mit Kumpel Damian Taylor, bekannt durch seine Arbeit mit The Prodigy und The Killers; das Ergebnis heißt "When The Lights Go".

"Crosswalk" beginnt etwas harmlos, man muss sich an TEEDs lakonische Stimme erst wieder gewöhnen. Nach 2-3 Durchgängen offenbart der Opener aber eine schönen Melodie und könnte mit seiner Coolness auch vom frühen Twin Shadow stammen. Um es gleich zu verraten: "When The Lights Go" ist im Ansatz ein Grower, wo "Trouble" noch voller offensichtlicher Hits steckte. TEED stand für die ganz große, sofort zupackende Melodie, darin kommt der Anfang von "Blood In The Snow" und vor allem das bein- und extremitätenschwingenerzwingende Albumhighlight "Forever" "Trouble" noch am nächsten, stellt aber gerade in seinem emotionalen Crescendo eine Ausnahme dar.

Caribou bog nach "Swim" in Richtung Daphni ab, TEED fuhr in der Zwischenzeit offensichtlich nicht mit in den Club, sondern präsentiert uns jetzt seine eigene Reise. Die führt in ein Amalgam aus Dance und Pop, wie man es von ihm gewohnt ist, aber garniert mit einem gewaltigen Schuss 80s, der das Verspielte und Druckvolle gegen eine aber nach wie vor sehr empathische Eleganz eintauscht, die im Ergebnis gleichförmiger ausfällt. "Never Seen You Dance" bietet einen catchy Refrain und fällt angenehm sleazy aus, die 2015er-Neon Indian lassen grüßen und die musikalische Idee dieser Scheibe scheint sich zu erschließen.

Allerdings beißt sich diese Lounge-Eleganz nicht nur hier, sondern auch auf den flotten 80s-Pop-Stücken "Story" und "Friend" mit der im Vergleich zu vor einer Dekade noch kindlicher wirkenden Stimme. Kontraste sind meist gut, aber Higginbottom singt ausschließlich wie ein Fünfjähriger, der, immer noch todmüde, völlig schockiert von einem Blitzeinschlag berichtet. Das ist einzigartig, passt aber nicht zu allem, vor allem nicht zur textlichen Naivität von "Thugs" oder "Be With You", die dadurch Kindcharakter annehmen.

Die 80s-Orientierung beruht anscheinend nicht zuletzt auf den massiv verwendeten CP-80 und MS-20 und gerät atmosphärisch organisch und durchaus cool, aber nie mit letzter Konsequenz. Higginbottom wirft sich nicht in eine Pose, aber er erzwingt die Schlüssigkeit seiner Hinwendung zu diesem Sound auch nicht. Dafür fällt "When The Lights Go" auch zu disparat aus: "The Sleeper" ist als Chillwave-Ballade ein ungelenker Fremdkörper, "Sound & Rhythm" verschwurbelter Prog-Elektro mit zu wenig Ideen. Der Titeltrack hingegen ist ein gelungener, laid-back Dance-Crooner.

Manche Tracks wie "Through The Floor" sind einfach fad, wurden angedickt um eine alleine nicht tragfähige Songidee herum. So fühlt sich "Thugs" weniger wie ein mutiger Vorstoß Richtung Ambient an, sondern als untauglicher Versuch, der zurecht auf einer Festplatte schlummerte.

Gottlob lassen 17 Tracks genug Platz, um noch mal anzuziehen: Das suave "Treason" und die seltsam wabbelnde Salonmusik von "Blue Is The Colour" zeigen, wo "When The Lights Go" auch hingehen hätte können, hätte sich der nach wie vor interessante und unverwechselbare Künstler Higginbottom nur entschieden, seinen neuen Sound durchzuziehen und innerhalb dieses Ansatzes neue Wege zu gehen, statt sich auf der Spielwiese der Elektronik-Subgenres einzelne Stinkmorcheln zu pflücken. Zehn Jahre warten darf er trotzdem nicht wieder.

Trackliste

  1. 1. Crosswalk
  2. 2. Persuasion
  3. 3. Blood In The Snow
  4. 4. Never Seen You Dance
  5. 5. Forever
  6. 6. The Sleeper
  7. 7. Story
  8. 8. Sound Rhythm
  9. 9. When The Lights Go
  10. 10. Basement
  11. 11. Friend
  12. 12. Be With You
  13. 13. Treason
  14. 14. Through The Floor
  15. 15. Silence
  16. 16. Blue Is The Colour
  17. 17. Thugs

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