laut.de-Kritik

Hit-verdächtig Basisware im Übermaß.

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Nach fast fünfjähriger Studiopause haben sich die Mannen um Travis-Kopf Fran Healey im letzten Jahr endlich wieder aus ihren heimischen Hängematten erhoben und kreatives Gedankengut ausgetauscht. Das wurde aber auch Zeit – schließlich hatten viele Indie-Insider bereits die Hoffnung auf eine Wiederkehr des "Why Does It Always Rain On Me"-Kollektivs aus Schottland aufgegeben.
Auch Fran Healey kratzt sich mittlerweile fragend am Kopf: "Why Did We Wait So Long", hallt es nach zwei Minuten Spielzeit aus den Boxen. Ja, warum eigentlich? Egal – Vergessen und verziehen. Denn um es vorweg zu nehmen: Es hat sich jeder Tag des Wartens gelohnt.

Von der eröffnenden Trippel-Perle "Mother" bis zum finalen Piano-Kuschler "The Big Screen" serviert das Insel-Quintett einen musikalischen Gourmethappen nach dem anderen. Neben gehaltvollen Über-den-Tellerrand-Ausflügen wie dem groovigen "New Shoes" oder dem - in seichtem Elektro-Gewand eingehüllten - Chiller "Boxes", beeindrucken und glänzen Travis vor allem mit einem Übermaß an Hit-verdächtiger Basisware. Das klassische Zusammenspiel zwischen spartanischem Antrieb und "jede Wolke zur Seite schiebenden" Refrains, funktioniert nach fast fünfundzwanzigjähriger Businesszugehörigkeit besser denn je ("Mother", "Where You Stand", "Reminder").

Etliche genreverwandte Frontmänner haben sich in den letzten Jahren am Wechselspiel zwischen Brust- und Falsettstimme versucht. Fran Healey steht allerdings schon seit Jahren ganz oben auf der Gästeliste. Warum das so ist, beweist der schmächtige Barde mit dem unvergleichlichen Gespür für langlebige Harmonien auf dem neuen mittlerweile siebten Travis-Schaffen immer wieder aufs Neue. Und selbst ohne Ausflüge in die oberen Etagen steckt das Band-Aushängeschild den Großteil der Konkurrenz spielend leicht in die Tasche ("A Different Room", "On My Wall").

Zwischen wegweisenden Pilzkopf-Erinnerungen und Bellamy-Glanztaten der Vergangenheit erstreckt sich eine halbakustische Endloslandschaft im satten Grün. Im direkten Vergleich mit Milestone-Anwärtern wie "The Man Who" und "The Invisible Band" braucht sich "Where You Stand" definitiv nicht zu verstecken. Das einzige, was die beiden Diskografie-Führenden dem aktuellen Werk voraushaben, ist Zeit. Zeit, in der die Tinte in den Geschichtsbüchern der Musik trocknen konnte. Ich freu' mich schon auf die 2018er-Ausgaben.

Trackliste

  1. 1. Mother
  2. 2. Moving
  3. 3. Reminder
  4. 4. Where You Stand
  5. 5. Warning Sign
  6. 6. Another Guy
  7. 7. A Different Room
  8. 8. New Shoes
  9. 9. On My Wall
  10. 10. Boxes
  11. 11. The Big Screen

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