laut.de-Kritik
Großartige Aneignung eines tollen Songmaterials.
Review von Martin LeuteHelden altern. So auch David Bowie, das Idol meiner Jugend, der in den 70ern wie kein anderer eine Wandlungsfähigkeit an den Tag legte und sich mit nahezu jeder Platte neu erfand. Nicht jeden seiner späteren musikalischen Schritte wollte ich mitgehen, daher ist es um so erfreulicher, dass zeitgenössische Musiker vor allem Songs aus der früheren Schaffensphase Bowies neues Leben eingehaucht haben.
Nachträglich zum 60. Geburtstag, den das Rock-Chameleon im Januar 2007 feierte, hat die Französin Béatrice Ardisson nun eine Kompilation zusammengestellt. Aus unzähligen Coverversionen hat sie für "Bowiemania" fünzehn Interpretationen von Bowie-Songs ausgewählt. Eine schwierige Aufgabe, die sie mit Bravour gemeistert hat. Mit der großen Anzahl von Hits setzt sie zum einen auf den Wiedererkennungswert; zum anderen auf Kohärenz, da sie sich für Interpretationen entschieden hat, die auch stilistisch weitgehend zueinander passen.
Emilie Simon eröffnet das Album mit "Space Oddity" und lässt Major Tom mit hohem Gesang, Streichern, elektronischen Beats und einem Glockenspiel im Universum verschwinden. Paco Volume gibt anschließend mit Bass, rhythmischem Fingerschnippen und dezenter E-Gitarre "The Jean Genie" zum Besten.
Einen ersten Höhepunkt markiert das famose "Life On Mars", das von Yann Tiersen & The Divine Comedy mit verträumtem Glockenspiel und Streichern intoniert wird. Fantastisch ist auch "Rebel Rebel" von Medi & The Medicine Show, das in Rhythm And Blues-Manier mit Akustikgitarre und Percussion-Begleitung lässig um die Ecke wankt.
Gitarre, Bläser und sanfte elektronische Beats unterstreichen den entzückenden Gesang der Eugenie Quezar in "This Is Not America", die Akustikgitarre und weiche Keyboardklänge ringen "Changes" gekonnt seine Essenz ab, "Ziggy Stardust" von The Gourds gefällt mit Banjo-Fingerpicking. "All The Young Dudes" wird von The New Standards mit Piano, Xylophon und tollem Gesang absolut liebenswert interpretiert.
In "John, I'm Only Dancing" flirrt ein Synthesizer zum artifiziellen Beat und einem erstmals härteren Gitarrenriff. Bezaubernd, wie Rhonda Harris dem "China Girl" mit der Akustikgitarre und laszivem Gesang eine subtile Anzüglichkeit verleiht und auch "Ashes To Ashes" als Streicher-Instrumental wunderbar aufgeht.
Mit "Fashion" werden die Discolichter angeknipst. Harte Beats treffen auf Synthesizer und diverse Soundeffekte. Herzallerliebst säuselt anschließend die weibliche Stimme von Cocosuma zu Glockenspiel und gezupfter Gitarre den Text zu "The Man Who Sold The World", während sie von hübschem Backgroundgesang unterstützt wird.
Die vielleicht schwierigste Aufgabe bewältigen Sacha Sieff & Manuel Armstrong mit ihrer Aneignung des Klassikers "Heroes", der mit warmem Gesang, Elektronics und einem sanften Gitarrenlauf behutsam und harmonisch arrangiert ist und funkig ausklingt. Den Abschluss bildet eine erneute Interpretation von "Jean Genie". Arno & Beverly Jo Scott haben sich für eine ordentlich rockende Version entschieden, die sie im Duett in französischer und englischer Sprache lustvoll energetisch präsentieren. Als Hidden Track versteckt im Anschluss daran die geniale "Space Oddity"-Aneignung des legendären Kinderchors Langley School Music Project aus dem Jahr 1977.
"Bowiemania" verdeutlicht einmal mehr die Fähigkeiten David Bowies als Songwriter. Die Coverversionen der hierzulande größtenteils unbekannten Künstler bleiben melodisch weitgehend am Original, überzeugen aber allesamt mit einer so verspielten wie behutsamen Instrumentierung. Eine respektvolle und gleichermaßen zeitgemäße Aneignung des fantastischen Songmaterials, an dem nicht nur Fans Gefallen finden.
Der eine oder andere mag wie ich Lieder wie "Starman", "Time" oder "Young Americans" vermissen, aber der Thin White Duke wird noch weitere Geburtstage feiern. Wir warten und erfreuen uns währenddessen an "Bowiemania".
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