laut.de-Kritik

Zwischen drückenden Bässen und Studienratscharme.

Review von

Das Dancehallfieber greift weiter um sich. Bei der fünften Auflage ist der österreichische Reggaegemischtwarenladen mittlerweile angekommen. Wer meint, dass sich Reggae im deutschsprachigen Raum auf Gentleman, Seeed, Culcha Candela und Hans Söllner beschränke, ist auf dem Holzweg.

20 Tracks aus Deutschland, Österreich und der Schweiz: Drückender Dancehall, relaxte Roots, aufgekratzt-fröhlicher Skaund Rocksteady: Hier vereinigt sich alles, was der heimische Anbau hergibt. Mal mit drückenden Bässen und frechen Texten, mal mit einem gewissen Studienratscharme und einfach etwas zu nett, aber nur selten langweilig.

Gleich am Anfang fährt der Schweizer Black Tiger einen Bassdrum-Angriff auf die Magengegend. "Waisch Wies Goht?" Hä? Egal, klatsche im Takt. Absolut tanzbares Zeug und perfekt, um den Nachbarn in der Wohnung drunter zu zeigen, wie ein Subwoofer wummern kann. Mit D-Flame und Tolga sind auch zwei alte Bekannte mit dabei, die den soliden, orientalisch angehauchten Song "Gwaany" an den Start bringen. Unnötig und zu aufgesetzt erscheint nur D-Flames gespielte Orientierungslosigkeit zu Beginn und am Ende des Songs.

Plattenreiter Kantate aus Berlin sorgt mit der entspannten Lobpreisung seiner Heimatstadt "In Balin" für einen mustergültig fließenden, rootsigen Track - einer der Höhepunkte auf "Dancehall Fieber 5". Extra gut: Der Leierkastenloop gegen Ende. "Papperlapapp" kommt vom Linzer Hip Hop-Trupp Texta, der seine mehr als zehnjährige Erfahrung souverän ausspielt. Aufreizend relaxter Beat trifft minimalistischen, aber perfekt platzierten Bass, dazu allerlei Elektrospielereien. Absolut hörenswert. Rewind!

Um den Preis des schnellsten Deejays streiten sich IBK Tribe und die Ischen Impossible. Letztere bekommen zumindest schon einmal den für den besten Namen. Während IBK Tribe fast durch den ganzen Track "Tirola" so schnell sprechsingen, dass man mit dem Hören kaum nach kommt, heben sich die Ischen das verbale Speed-Boat für eine schicke Passage zwischendurch auf.

Auf "Dancehallfieber 5" ist nicht alles groovendes Gold. Ein Teil der Songs lädt zum Skippen ein, aber welche Compilation hat dieses Problem nicht! Gerade hier merkt man, dass der Reggae aus unseren Gefilden doch noch keine ganz so breite und qualitativ homogene Basis hat, auch wenn schon viel passiert. Trotzdem ist hier vieles hörenswert und gut. Wer auch bei modernen mundartdurchsetzten Texten nicht das Handtuch wirft, den wird das Dancehallfieber packen.

Trackliste

  1. 1. Black Tiger - Waisch Wie s Goht?!
  2. 2. D-Flame & Tolga - Gwaany
  3. 3. Nosliw vs. Maxim - Gut Gemeint
  4. 4. Counterculture - Never Look Back
  5. 5. Roots Rockers - Wahnsinnig
  6. 6. Skyjuice - Augen Auf
  7. 7. New Culture - Kopf Hoch
  8. 8. The Scrucialists feat. Phenomden - Radio
  9. 9. Ede Whiteman - Legt Eure Waffen Nieder
  10. 10. P.R. Kantate - In Balin
  11. 11. Ischen Impossible - Dancehallfieber
  12. 12. Mista Bomsh - Gold
  13. 13. Texta - Papperlapapp
  14. 14. Raggamafia - Soundboy Dissness
  15. 15. Kimoe - Sternstunden
  16. 16. Mono & Nikitaman - SOS
  17. 17. IBK Tribe - Tirola
  18. 18. Los Placebos - Jeden Tag Ein Bisschen Ska
  19. 19. Cheesevibes - So
  20. 20. Schwoißfuaß - Bin Ich Selbr Rastaman?

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