laut.de-Kritik
Halbgares aus der französichen House-Küche.
Review von Daniel StraubDie Idee, einen neuen Club oder etwas bescheidener, ein neues Clubkonzept mit einem entsprechenden Release zu promoten ist mit Sicherheit nichts Neues. Sven Väth wirbt so für seine exzessiven, sommerlichen Sessions im Club Amnesia auf der Partyinsel Ibiza und stillt damit zugleich den Nostalgiehunger all derer, die zu seinen Sets in den mediterranen Sommermorgen getanzt sind. Der Hamburger Mojo-Club fährt eine ähnliche Schiene und erfreut nahe und ferne Fans alle paar Monate mit einer neuen Compilation der aktuellsten Tracks. Und die Reihe ließe sich wohl noch beliebig lang fortführen.
Zum Beispiel mit "Diskotek", der Doppel-CD zur neuen Soirée des französischen House-DJs Didier Sinclair, der damit allwöchentlich mehrere tausend Tanzbegeisterte in den Pariser Club L'Enfer lockt. "Diskotek" ist der Versuch, etwas von der schweißdurchtränkten Atmosphäre des stundenlangen Work-Outs auf der Tanzfläche einzufangen und dem Clubber mit auf den Heimweg zu geben.
Auf der ersten CD legt der Meister, Didier Sinclair, dann auch sogleich selbst Hand an das Mischpult an, und lässt die vergangenen zehn Jahre noch einmal musikalisch Revue passieren. "All Time Club Classics" nennt sich die groovige Zeitreise durch die House-Geschichte. Solides DJ-Handwerk von Sinclair verbindet klassische Tracks wie Orbs "A huge growing brain that rules from the centre of the Ultraworld" und Terry Lee Brown Jr.'s längst zur Hymne gewordenes Stück "Terry’s House" zu einem gelungenen Mix, der in mir die Lust auf eine lange Nacht L'Enfer aufkommen lässt. Wenn Paris doch nur nicht sooo weit weg wäre.
Die zweite CD der Compilation trägt dann die Handschrift von DJ F.E.X., der als Resident im L'Enfer jedes Wochenende an den Reglern steht. Im Gegensatz zu Sinclair's Rückblick in die Geschichte von House steht DJ F.E.X. mit beiden Füßen fest in der Gegenwart mit Blickrichtung nach vorne. Sein mit 'The Very Latest Tunes' überschriebenes Set hat die Fühler am Puls der Zeit und ist daher auch weniger soulig ausgefallen als das Set von Didier Sinclair. Tek-House heißt im L'Enfer offenbar das Motto der Stunde. Wer nun allerdings schnörkellosen Tek-House im Stile eines Steve Bug erwartet hat, der sieht sich schnell getäuscht. Die Neigung der französischen Seele zum Legèren zeigt sich eben auch in der Musik und so fällt der Mix von DJ F.E.X. zu meinem Bedauern zu mellow aus und lässt die wünschenswerte Abfahrt vermissen.
Die Drei-Punkte-Wertung erscheint mir aufgrund des zwiespältigen Charakters der Doppel-CD gerechtfertigt auch wenn Didier Sinclair für seinen Mix mit Sicherheit eine bessere Bewertung verdient gehabt hätte.
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