Various Artists - " Never Get Enough"

Hätte der Godfather of Soul persönlich mit den Worten "Make it funky!" einen Soul-Sampler in Auftrag gegeben, die Verantwortlichen bei Soulciety Records hätten es nicht besser hinbekommen. Das Hamburger Indie-Label für Soul, Funk und Rare Grooves beweist mit "Never Get Enough" einmal mehr, warum es in einem Atemzug mit traditionsreichen Häusern wie Motown oder Stax genannt werden darf. Soulciety schnürt aus liebevoll und mit immensem Sachverstand ausgewählten und restaurierten alten Bändern sowie passendem neuen Material ein Paket, das - ich bitte um Verzeihung - groovt wie Sau.

Bereits der Blick auf die Interpretenliste macht deutlich, dass das auch gar nicht anders sein kann: Mit Bobby Byrd ist das dienstälteste Mitglied aus James Browns Begleitband am Start, er ist sozusagen Soulbrother No. 1 1/2. Byrd war bereits Bandleader der Avons, bevor James Brown zu ihnen stieß und die Gruppe zunächst in The Flames, dann - angemessener Weise - in The Famous Flames umbenannte. Seine Mitte der 70er entstandene Funknummer "Never Get Enough" wurde zwanzig Jahre später neu eingespielt, hat aber nichts von ihrem typischen Oldschool-Charme eingebüßt. Kickende Bläsersätze, Hammondorgelpassagen und eine Stimme, die sich anhört, als würde sie schon seit Jahrzehnten durch die Clubs dieser Welt röhren (was sich in der Tat genau so verhält), lassen keine Wünsche offen.

Auch "Sayin' It And Doin' It" gibt sich extrem funky; stellenweise meint man, Jimmy Bo Hornes "Dance Across The Floor" versetzt mit weiblichem Backgroundgesang um die Ohren geschlagen zu bekommen. Byrds Ehefrau Vicki Anderson warnt (obwohl die Liebe da zweifellos in manchen Fällen hingehört): "Don't Throw Your Love In The Garbagecan". Mit einem einzigen Song stellt diese Lady klar, wie sie es zu dem Prädikat "James Browns erklärte Lieblingssängerin" brachte.

Roger Troutman? Jeder kennt die verzerrte Stimme des Mitbegründers der Formation Zapp (bei der auch Bootsy Collins spielte): Aus Dr. Dresund 2Pacs "California Love", nämlich. Hier wird ebenfalls für einige Passagen die Talkbox ausgepackt: Mit "Truth Be Known" und "Freedom" liefert Troutman zwei Discofunk-Perlen, die die Trauer über seinen abrupten Abgang 1999 (vom eigenen Bruder vor dem Aufnahmestudio erschossen) noch schüren.

Eddie Bo lässt es ein klein wenig ruhiger angehen: "Will I Ever Learn" und besonders "Down By The River" mit wunderbarer Saxophoneinlage verströmen beinahe schon bluesartiges New Orleans-Gefühl. Über den Vibraphon-König schlechthin, Roy Ayers, und seinen größten Erfolg "Everybody Loves The Sunshine", der hier in einer neu bearbeiteten Version enthalten ist, muss man wohl keine Worte mehr verlieren.

Dafür möchte ich anmerken, dass ich in Erwägung ziehe, für eine Vinylsingle von Dean Francis' "Funky Disposition" meine linke Hand zu geben. Ein Einstieg mit mächtigen Drums, der an James Browns "I Feel Good" denken lässt, eine traumhafte Basslinie, relativ weich klingende Bläser und ein großartiger Gitarrenpart machen diese Platte zu einem seltenen Stück.

Neue Stücke fügen sich nahtlos zwischen die in Ehren angejahrten Beiträge. Lee Armstrong Express' "A Touch Of Class" verrät wahrhaft Klasse: Zu Beginn etwas "Age Of Aquarius"-mäßig, wächst sich das Stück zu einer hervorragenden Instrumentalnummer inklusive Bläsern im Big Band-Stil und einem amtlichen Trompetensolo aus.

Nicht hundertprozentig überzeugend erscheinen mir einzig die Sisters Of Soul: Obwohl in "I'm Your Lady" stellenweise großes Sangestalent aufblitzt, scheinen die Stimmen doch über dem (zugegebenermaßen tollen) Instrumental zu leise und wirken lediglich wie Backgroundgesang. Auch "Here's What You Need" bietet ausreichende musikalische Vielschichtigkeit und käme problemlos ohne die Gesangseinlage aus. Insgesamt gesehen trägt die Compilation ihren Titel allerdings zu Recht: Wann kriegt man schon genug, von derben Funkbrettern? Never!