laut.de-Kritik
Gib dem Elefanten einen Rhythmus und dann passt das!
Review von Tobias KrausDie wirklich altgedienten Reggae- und Dancehall-Fans werden sich noch daran erinnern: Vor sechs oder sieben Jahren waren deutsche Genre-Produktionen richtig rar gesät, und Pioniere wie die MCs Ragga-Fränkie, Ganjan oder auch Gentleman hatten fast schon Kuriositäten-Status. Die Zeiten ändern sich, und so erscheint in diesen Tagen wie selbstverständlich der zweite Part einer Compilation aus dem Hause Germaica.
Auf "Shining Stars Volume 2" stellen die Riddim-Ingenieure um Pionear vier Riddims vor, die sie entweder extra zusammen geschraubt oder 2003 auf ihrem Label Germaican veröffentlicht haben. Die Scheibe beginnt mit Sizzlas "Obstacles" auf dem Pharao-Riddim. Das ist mehr als nur ein Vorbrenner, sondern eine musikalische Dampfwalze, stakkatomäßig und minimalistisch hart gemixt. "Obstacles" ist sicher einer der Top-Tunes, die von Sizzla dieses Jahr zu hören waren.
Weitere Artists, die sich auf dem Pharao tummeln, sind Degree mit Miss Gorgeous und Tanya Stephens: die wohl derzeit beliebteste Lady in der Reggae-Gemeinde gibt "Lock Down" zum Besten. Doktor Ring-Ding erinnert in "Bombs Over Baghdad" den Christenmenschen G.W. Bush an die zehn Gebote. Nicht jeder hat Bock auf eine rauchende M16 am Kopf. Texas is not everywhere!
Die Riddims zwei und drei sind dagegen brandneu. "Typhoon" schleicht sich äußerst vertrackt-elektronisch ins Ohr. Die Bad-Boy-Groups Ward 21 und TOK sowie der deutsche Ill Inspectah greifen mit "Rude Bwoy Patrol", "Real Gangsta" und "Funeral" in die Bad-Man-Lyrics-Kiste, wobei TOK am meisten überzeugt. Ein weiterer "Typhoon"-Track kommt abermals von Tanya Stephens, die in "Party Tonight" ihre Versability aufblitzen lässt und recht gekonnt zwischen Gesang-Parts und Schnellgeplapper hin und her switcht.
Riddim Nummer drei hört auf den Namen "Electric Boogie". Man braucht nicht lange, um zu wissen, dass hier Seeed im Spiel sind. Der Electric Boogie geht schön straight nach vorn und besitzt durch seine markanten Sounds und die punktuell eingesetzten Bläser einen hohen Wiedererkennungswert.
Wirklich hitverdächtig und mit enormen Party-Faktor ist "Electric Boogie" von Elephant Man – Gib dem Elephanten einen Rhythmus und dann passt das! Ward 21 und KipRich kommen auf dem treibenden "Electric Boogie" ebenfalls gut zurecht, gleiches gilt für Seeed – neben D-Flamedie einzigen Künstler, die auf "Shining Stars 2" mit deutschen Texten vertreten sind. Der vierte und damit letzte gefeaturte Beat ist "Stopp", das durch den gleichnamigen Song von D-Flame und dem dazugehörigen "Stopp-Dance" den Fans schon ein Begriff sein dürfte.
Chico liefert mit "Tired A Di Raid" eine recht ordentliche Nummer ab, und die charmante Cécile verrät in "Hardcore Lovin'" in gewohnt freshem Stile, was sie so präferiert, wenn es in der Kiste rappelt. Spectaculars "Move" ist eher unspektakulär, nicht schlecht, kann aber das Niveau der drei anderen Stopp-Nummern nicht ganz halten. Das ist aber halb so wild, denn insgesamt bekommt man mit "Shining Stars 2" eine gute "Germaica-Werkschau 2003", mit der die Messlatte in Sachen deutsche Dancehall-Produktionen nicht gerade tiefer gelegt wurde.
Noch keine Kommentare