laut.de-Kritik
Ein grandioses Event in kastrierter Version.
Review von Alexander CordasSARS. Dieses Kürzel ging vergangenes Jahr durch die gesamte Weltpresse. Als einziges westliches Land kam es im Staat der Ahornbäume zu vermehrten Ausbrüchen der Lungenkrankheit. In Zeiten, in denen ein hustender Chinese in der Kölner Innenstadt bereits für eine Massenpanik sorgt, nimmt es kaum Wunder, dass die Besucherzahlen der kanadischen Metropole Toronto stark zurück gingen.
Während die asiatischen Länder schauen konnten, wo sie bleiben, hatte Kanada eine pfiffige Idee. Um das Image der Stadt aufzupolieren und etwas Geld in die maroden Kassen der Tourismus-Industrie zu spülen, sollte ein Open Air statt finden. Mit großem Medien-Tam Tam und einem Line Up, dass sich gehörig gewaschen hatte, fuhren die Veranstalter schwerstes Geschütz auf, um die Massen zu mobilisieren. Die Rechnung ging letztendlich voll auf. Die Rolling Stones spielten vor 490.000 Menschen den größten Headliner-Gig ihrer Karriere, und Toronto darf sich die Auszeichnung 'größtes eintägiges Open Air der Menschheitsgeschichte' ans gemeinderätliche Revers heften.
Davon zeugt nun "Toronto Rocks", das die Ereignisse jenes 30. Juli 2003 auf DVD bannt und in deren Verlauf acht Acts ihre Songs performen. So gar nicht einleuchten möchte dabei jedoch, weshalb einige Bands, die an jenem denkwürdigen Tag auf der Bühne standen, lediglich in Ausschnitten im Bonus-Teil der DVD auftauchen und nur in den End-Credits Erwähnung finden. Dem Schnitt zum Opfer gefallen sind unter anderem Sass Jordan mit dem blinden Gitarristen Jeff Healey sowie The Tea Party. Die Teilnehmer, die es geschafft haben, zumindest einen ihrer Songs auf Disc unterzubringen, heißen Flaming Lips, Have Love Will Travel (Jim Belushi & Dan Akroyd), The Islay Brothers, Justin Timberlake, The Guess Who, Rush, AC/DC, sowie Mick, Keith und co..
Die Stimmung auf dem Gelände scheint prima gewesen zu sein. Flashende Mädels, die der Regisseur mit Freuden mit der Kamera einfangen konnte, und gut gelaunte Bands zeugen davon. Das Geheimnis, weshalb dann von Live-Krachern wie AC/DC oder Rush lediglich zwei, beziehungsweise drei Lieder zu hören sind, erschließt sich deshalb nicht. Eine zusätzliche Disc wäre lohnenswert gewesen, denn auf lediglich einem Silberling kommt die Atmosphäre eines ganzen Konzert-Tages nur unzureichend rüber. Da auch die Bonus-Features einmal mehr unter ferner liefen rangieren, mag Toronto vielleicht gerockt haben, eine adäquate Umsetzung auf DVD sieht aber anders aus. Ein grandioses Event in kastrierter Version.
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