laut.de-Kritik

Nerviges Effektmassaker ohne Leidenschaft.

Review von

Manche Alben zünden nicht beim ersten Durchlauf. Erst nach mehrfachem Hören und langsamen Erarbeitens macht es klick. Mit "Wild" verhält es sich genau umgekehrt. Die "Lucifer"-EP und das im "Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1"-Soundtrack verwendete "Animal" weckten die Neugierde auf das XOV-Debüt. Doch spätestens beim zweiten Hören offenbart sich die Platte in all ihrer Nervigkeit. Obacht, hier besteht massive Kopfschmerzgefahr.

Damian Ardestani, dem einst eine schwedische Neonazi-Gruppe sämtliche Zähne ausschlug, hält sich über den ganzen Longplayer ängstlich an dem gefundenen Erfolgsrezept seines düsteren R'n'B-Pops fest. Minimalistische, schwere Beats, leicht angetäuschte Synthesizer und seine Stimme: Abweichungen sind höchstens in zaghaften Nuancen gestattet. Gutmütig könnte man von einem in sich geschlossenen Album sprechen, dafür fehlt es seinem Soundentwurf aber an Tiefe und Eigenständigkeit.

Dabei hat XOV ein gutes Händchen für Melodien. Dies setzt er mehrfach in "Blood Honey", "Money" und "Boys Don't Cry" (Nein, kein The Cure-Cover) unter Beweis. Für sich genommen wirken die Songs, zusammen ersticken sie schlichtweg am ewig gleichen Ablauf. Die Eintönigkeit bricht dem "Wild" das Genick.

Die Inspiration zu seinen Texten entnimmt der in Teheran geborene Sänger seiner eigenen Biographie. "Ich bewundere die Leute sehr, die einen guten Song schreiben können, der keinen Bezug zu ihrem wirklichen Leben hat. Aber in meinem Fall habe ich schon einiges durchgemacht und ich war nie in Therapie. Seit ich klein war, habe ich schon diese dunkle Seite in mir. Wenn ich keine Musik schreibe, ergreift diese Dunkelheit Besitz von mir. Wenn ich einen Song schreibe, geht alles aus mir raus und ich werde zu einer glücklichen Person."

Die Arrangements lenken die Konzentration ganz auf die Stimme. Dass er singen kann, hat Ardestani mit diversen Live-Auftritten längst gezeigt. Trotzdem versteckt er seine Persönlichkeit schlottrig unter einem alles erdrückendem Effektmassaker. Das ist zeitgemäß? Mir doch egal! Ich will die Seele eines Sängers spüren. Ich möchte XOVs Pein empfinden. Stattdessen darf ich der Kälte von Chappies Barbershopquartett beiwohnen. Einzig im Bonusstück "Lucifer (Naked Edition)" entblößt sich Ardestani ein wenig, zieht seinem C-3PO aber auch hier nicht alle Stecker.

XOV hat Potential. Vielleicht kann er dies mit etwas Feintuning auf dem zweiten Album ausschöpfen. Auf "Wild" findet sich jedoch keine Leidenschaft, kein Temperament und schlichtweg nichts Wildes.

Trackliste

  1. 1. Lucifer
  2. 2. Blood Honey
  3. 3. Animal
  4. 4. Boys Don't Cry
  5. 5. Wild
  6. 6. Money
  7. 7. Black Ocean
  8. 8. Paradise
  9. 9. Cocaine Karma
  10. 10. Chaos
  11. 11. Ghost
  12. 12. Guns & Ammunition
  13. 13. Lucifer (Naked Edition)

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2 Kommentare

  • Vor 9 Jahren

    Ja, ziemlich langweilig und belanglos das ganze. Lucifer ist der einzig brauchbare Song. Tracks wie Animals sind nach dem zweiten oder drittem Hören nur noch nervig.

  • Vor 9 Jahren

    Mit den ersten beiden Sätzen trifft es Sven genau, aber das wissen wir ja schon seit wir uns mit Musik beschäftigen oder ;)
    Als ich Lucifer im TV hörte, wusste ich genau das es hier so oder noch schlechter abschneiden würde, aber zunächst ist es erstmal ein Musst have... und der Rest des Albums ? Ich muss ihm auch da Recht geben, man hat immer das Gefühl, da wäre mehr möglich gewesen und ich habe jetzt schon kein 'Sitzfleisch' mehr, (Track 11), schade ...