laut.de-Kritik
Laptop-Pop ganz ohne Viren- und Spam-Attacken.
Review von Christoph DornerDas letzte, ziemlich überdrehte Pop-Dance-Hop-Album "I Believe In You. Your Magic Is Real" von Yacht muss man nicht unbedingt gehört haben. Wer es trotzdem kennt, erlebt mit "See Mystery Lights" eine musikalische Katharsis. Man könnte fast glauben, irgend jemand hat Jona Bechtolt das Ritalin weggenommen und ihm stattdessen ein paar Sitzungen mit DFA-Platten verordnet.
Und siehe da: Auch Bechtolt beherrscht den repetitiv-strukturierten Dance-Minimalismus von The Rapture oder LCD Soundsystem. Vielleicht ist er auch nur ein geschickter Kopist. Jedenfalls ist Bechtolt mit der Empfehlung der betont lässigen Hommage "Summer Song", die mit einem catchy Basslauf, fiepender Krautrock-Elektronik, perkussiven Kuhglocken und Handclaps alle essentiellen Zutaten von DFA beisammen hat, auch auf jenem wohlsortierten Label gelandet.
Durchaus zurecht, hat doch der Mann aus Portland seinem experimentellen Laptop-Pop die Viren- und Spam-Attacken ein Stück weit ausgetrieben. Der Opener "Ring The Bell" ist im Prinzip ein simpler Gospel-Song, wenn auch in elektronisch verspulter Form. Weil man dazu in erster Linie tanzen soll, wird die Botschaft auf einen einfachen Nenner gebracht: "Will we go to heaven or will we go to hell? / It's my understanding that neither are real."
Himmel oder Hölle, schwarz oder weiß – dieser Dualismus hat im Pop schließlich schon immer funktioniert und wird auf Albumlänge lose umrissen: Von der verpitchten Loop-Miniatur "Don't Fight The Darkness" oder dem Neunminüter "It's Boring / You Can Live Anywhere You Want", aus dem man zunächst überdeutlich die Akkordfolgen von Springsteens "Dancing In The Dark" heraushört, ehe man wie LCD Soundsystem den Beat gen Horizont laufen lässt.
"I'm In Love With A Ripper" scheint mit bis ins Groteske gezogenen Vocoder-Stimmen hochglanzpolierte R&B-Produktionen lächerlich machen zu wollen und wird erst im mäandernd groovenden "Party Mix" am hinteren Ende des Albums richtig zwingend.
Und mit "The Afterlife" und "Psychic City" - beide von Claire L. Evans stimmlich äußerst lakonisch begleitet – bieten Yacht auch noch Bastel-Pop für Selbstbediener, der sich in einer unübersichtlich gewordenen Remixkultur der digitalen Moderne genauso wenig um Plagiatsvorwürfe schert, wie es ein Bob Dylan mit dem "Great American Songbook" stets getan hat. Vielleicht sind Yacht somit im doppelten Sinne eine Band der Zukunft.
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