laut.de-Kritik
Zurückgenommene Sounds zum Nachdenken und Entspannen.
Review von Toni HennigSeit 2002 veröffentlichte der isländische Producer Aðalsteinn Guðmundsson alias Yagya seine Alben auf unterschiedlichen Labels wie Delsin oder A Strangely Isolated Place. "Old Dreams And Memories" bildet nun die erste Veröffentlichung auf seiner eigenen Plattenfirma Small Plastic Animals.
Musikalisch fasst die Scheibe so gut wie alles zusammen, wofür er steht. So treffen repetitive Dub-Techno-Strukturen und Field Recordings von "Rigning" auf die verträumte Atmosphäre von "Sleepygirls" und die Straightness von "Stormur", ergänzt um melancholische Streicher und weibliche Spoken Words. Auch das Saxofon erlebt sein Comeback.
"For The First Time" leitet das Album zunächst mit flächigem, elektronischen Ambient ein, während Natsuko Yanagimoto ein Gedicht von Michizō Tachihara rezitiert, dessen Tanka-Lyrik dem Hörer später wieder begegnet. Nach einer Minute gesellen sich zurückhaltende Dub-Beats und die Streicher von Pablo Hopenhayn dazu, so dass es naturhafter und nachdenklicher anmutet. Ähnlich verhält es sich mit "Mountain Story", die Spoken Words fehlen, dafür kommen perlende Piano-Klänge und psychedelische Elektronik hinzu. Zudem steht etwas mehr der Bass im Fokus, so dass die Musik tanzbarer anmutet, aber trotzdem noch eine gewisse Ruhe ausstrahlt.
Dass die Streicher nicht nur schmückendes Beiwerk darstellen, sondern einen Großteil der Stimmung dieses Werkes tragen, beweist "Reminiscent", wo sie sich schwelgend über Regengeräusche und den 4/4-Bass legen, hier und da begleitet von kurzen Piano-Tupfern. Ein paar wenige Lichtstrahlen kommen nach dem kurzen, Spoken Word-artigen "Memories Of Old Dreams" in "Light And Shadow" zum Vorschein, wenn nicht nur Dub-Beats, Streicher und Klavier, sondern auch verspulte Orgelklänge alte Träume und Erinnerungen heraufbeschwören. Danach führt "Wandering In The Fog" mit schiebender Bassarbeit, verträumter Electronica und versunkenen Saxofon-Sounds von Óskar Guðjónsson durch eine vernebelte Waldlandschaft.
"Rainbow And Human" bringt dann schließlich mit geflüsterten Spoken Words, tiefem Bass, bewegten Streichern und kindlichen Gesangseinlagen ein wenig Schönklang ins Spiel, bevor in "Travelled Road" wieder mehr Melancholie ins Soundbild einzieht, wobei die Struktur mehr nach Neoklassik als nach elektronischer Musik klingt. Dafür darf es in "Beauty In Loneliness" auch mal in höhere BPM-Regionen à la "Stormur" gehen, während mit dubbiger Elektronik oldschooliges Flair in bester Basic Channel-Manier aufkommt. Zum Schluss geleiten in "Overflowing Darkness" düstere Sprechpassagen, dramatische Klangflächen und Streicher sowie ein sich stetig wiederholendes elektronisches Fundament in die Dunkelheit.
Am Ende bleibt ein Werk, das sich atmosphärisch am besten entfaltet, wenn man es am Stück genießt. Es hat zwar nicht mehr die Dringlichkeit von "Stormur", lädt jedoch aufgrund seines oftmals zurückgenommenen Sounds gleichzeitig zum Nachdenken und zum Entspannen ein. Sicherlich erfindet Yagya das Rad mit der Scheibe nicht neu, erweitert seine Musik aber trotzdem um gelungene akustische und lyrische Feinheiten. Ein schöner Einstand auf seinem eigenen Label also.
1 Kommentar
sehr schön, mindestens 4/5