Der kompromisslose Szene-Papst und Nirvana-Producer ist gestorben. Die Musikwelt reagiert geschockt: "Er erschuf Welten."

Chicago (mis) - Er war einer der größten Toningenieure des amerikanischen Indie-Undergrounds, dabei lehnte er die Bezeichnung "Produzent" aus politischen Gründen stets ab: Steve Albini erlag im Alter von 61 Jahren einem Herzinfarkt, wie ein Sprecher seines Aufnahmestudios Electrical Audio in Chicago bestätigte. Demnach sei der Musiker am Dienstag gestorben.

Albini wuchs in Missoula/Montana auf und entdeckte früh Punkrock, um der Enge seines konservativen Alltags zu entfliehen. In den frühen 80er Jahren zog er nach Chicago, um Journalismus zu studieren und gründete die Noise-Combo Big Black, die ihn in der Szene schnell bekannt machte. So aggressiv sein ungestümer Gitarrensound, so spitz seine Zunge: Albini war schnell als knurrender, provozierender Spötter und unbarmherziger Kritiker bekannt, dessen Wort entsprechend gefürchtet wurde. Ende der 80er Jahre tourt er mit Big Black gemeinsam mit eigenen Lieblingsbands wie Sonic Youth und Butthole Surfers. Das zweite und letzte Big Black-Album "Songs About Fucking" auf Touch and Go Records sorgt 1987 auch aufgrund des Einsatzes eines Drumcomputers für Furore - Jahre bevor Industrial Rock ein Genre wurde.

Dennoch löst der Gitarrenzerberus die Band auf und gründet Rapemen, ein Bandname, den er später bedauert. 1992 gründet er in Seattle das Trio Shellac, sein langlebigstes Projekt. 1995 folgt sein Electrical Audio Studio. Berühmt wurde Albini jedoch als Mann im Hintergrund, der die Indie- und Alternative-Rock-Szene der 90er Jahre maßgeblich prägte. In erster Linie aufgrund seiner Produktion des dritten und letzten Nirvana-Albums "In Utero" 1993, das seine Kompromisslosigkeit und Liebe für sägenden DIY-Sound einem Millionenpublikum vorstellte. Insider wussten da längst Bescheid: Bereits fünf Jahre zuvor setzte Albini die unbekannte Band Pixies auf dem Debütalbum "Surfer Rosa" für eine Weltkarriere in die Spur. Eine Meisterleistung, die Kurt Cobain zum Langzeit-Fan Albinis machte. Denn mit Lob für die Songs der Overnight-Grunge-Sensation fiel Albini seinerzeit nicht auf: Nirvana sei eine nicht besonders erwähnenswerte Version des Seattle-Sounds, ließ der Szene-Papst auf dem Höhepunkt des "Nevermind"-Hypes wissen.

Mit "In Utero" verhalf Albini der damals populärsten Rockband der Welt zum schroffen Underground-Sound ihrer eigenen Helden und damit einer offenen Konfrontation mit der Erwartungshaltung von Label und Publikum. "Als alles um uns herum so groß wurde, klammerten wir uns an das, was wir von früher kannten. Das waren die Platten, die Steve produziert hat", fasste es Dave Grohl später zusammen. Albini produzierte außerdem Slint, The Jesus Lizard, Low, Mogwai, Joanna Newsom, The Wedding Present und Superchunk. Legendär auch seine Arbeit für PJ Harvey ("Rid Of Me") und die Breeders ("Pod"). 2007 fällt die Wahl auf ihn, das Album-Comeback der Stooges zu überwachen: Über "The Weirdness" wächst aufgrund des mäßigen Songwritings jedoch schnell Gras.

Albini galt zeitlebens als Workaholic, ein Attribut, das er bis zuletzt ausfüllte. Mit Shellac war nach jahrelanger Pause bereits eine Tour in Planung und ein Album eingespielt. "To All Trains" erscheint am 17. Mai - zehn Songs mit einer Gesamtspiellänge von 28 Minuten. So liebte es Albini: Auf das Allernötigste reduzierte Noise-Songs. Ohne Gimmicks und ohne Strophe-Refrain-Schemata. "Alles was ich tue", erzählte er der L.A. Times, "hat in erster Linie ein Ziel: Ich möchte immer eine bessere und billigere Punkrock-Platte machen als beim letzten Mal."

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Mogwai, Pixies und Co

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3 Kommentare

  • Vor 6 Monaten

    fucking legend! fand seine Arbeit mit Neurosis immer toll. :-( RIP!

  • Vor 6 Monaten

    Brutalste Nachricht... Wahnsinnig inspirierender Mann, der einen gigantischen Einfluß auf die alternativen Musikszenen hat. Hätte es vorher nicht vermutet, aber mir sind bei der Nachricht Tränen in die Augen geschossen. Man überlege nur mal, zu wie vielen legendären Platten der Mann mit seinem intuitiven Ansatz zum Engineering beigetragen hat...

    Rest in power... :'(

  • Vor 6 Monaten

    Unfassbares Talent. Bin sprachlos. Werde ihn vermissen. Hab bei Wiki nachgesehen und mir war gar nicht mehr bewusst, wie viele geniale Alben er produziert hat. Oder selbst als Musiker mit Big Black. So werden keine Alben mehr klingen. RIP :'-(