laut.de-Kritik
Warum gehört Hirse nicht zu den Grundnahrungsmitteln?
Review von Michael EdeleVerdammte Tat. Warum hat mich niemand darauf vorbereitet, was mich hinter diesem unscheinbaren Cover erwartet? Was macht diese Band auf einem Label wie Metal Blade? Wie beschreibt man Musik, für die es kaum Worte gibt? Warum gehört Hirse nicht zu den Grundnahrungsmitteln?
Es verwundert nur bedingt, dass 3 aus dem kleinen Örtchen Woodstock kommen, denn die Musik der Band erscheint einem hin und wieder fast wie auf einem Trip. Dennoch hat sie (vom sanften, warmen Gesang abgesehen) nichts mit irgendwelchen Hippie-Sounds gemein, die man mit Woodstock in Verbindung bringen könnte. Wahnsinnig und doch strukturiert, verträumt und doch packend real, außergewöhnlich und doch nachvollziehbar offenbaren sich die 13 Stücke auf "Wake Pig".
Wo sich andere Bands von Album zu Album entwickeln und verändern, vollziehen 3 das von Song zu Song. Bands wie Deadsoul Tribe, Psychotic Waltz, Tool oder sogar Thought Industry gehen einem durch den Sinn und treffen doch nur bedingt den Nagel auf den Kopf. Bei einer Nummer wie "One Way Town" lassen sie sogar Parallelen zu Rush erkennen, "Circus Without Clowns" hat eindeutig etwas von den Eagles.
Der Opener "Alien Angel" hypnotisiert noch mit toolschen Bassläufen und einem Gesang, der manchmal an einen melodischen Mike Patton erinnert. Danach beginnt "Monster" recht dynamisch, deutet aber schon leichten Wahnsinn an. Vollkommen durchgeknallt agieren die Herren aus dem Bundesstaat New York schließlich bei "Where's Max". Welche Drogen dabei im Spiel waren, will ich gar nicht wissen. Neben "Monster" ist das der Song, bei dem ich am meisten an die genial-verrückten Thought Industry denken muss.
Während Gitarrist Billy Riker bei "Dregs" kurz andeutet, was er tatsächlich auf dem Kasten hat, liefert das jüngste Mitglied in der Familie im Titeltrack eine Kostprobe seines Könnens ab. Was Daniel Grimsland hier so vor sich hin slappt, ist der helle Wahnsinn. Mit dem genialen, akustischen Gitarrenstück "Bramfatura" ist schließlich kollektives Unterkiefer-über-den-Boden-schleifen angesagt.
"Trust" ist genauso wie "Queen" einer der eher zugänglichen Songs und verbreitet einfach nur ein angenehmes Gefühl beim Hören. Gleiches trifft auch auf "Dogs Of War" zu, das wie der Soundtrack zu einem Spaziergang bei Sonnenaufgang im Park wirkt. Wenn da der Text nicht wäre, der doch ein ganz anderes Bild liefert.
"Wake Pig" erschien schon 2004 in den Staaten, doch Metal Blade haben das Album mit zwei zusätzlichen Songs und neuem Cover nun auch offiziell für den weltweiten Markt neu aufgelegt. Auch wenn das Jahr kaum angefangen hat, handelt es sich bei der Scheibe mit Sicherheit um eine der Überraschungen 2006!