laut.de-Kritik
Frischer dunkler Postpunk dank toller Co-Sängerin.
Review von Ulf Kubanke"Wenn du dich in der Nähe des Abgrund bewegst, kannst du leicht herab stürzen." Was Oliver Ackerman als Binsenweisheit ausspricht, war für ihn nervenzerrende Realität. Seine renommierte Firma Death By Stereo? Geschichte! Der zugehörige Künstlerkreis? Fort! Der bandeigene Drummer? Über alle Berge! A Place To Bury Strangers? Musikalisch scheinbar ausgereizt. Und doch gibt es mit "Pinned" einen hochwertigen Neubeginn. Das hat Gründe.
Als wesentlicher Impuls für die neue Frische kommen nur drei Wörter in Betracht: Lia Simone Braswell! Wie ein Fingerzeig des Schicksals zog die kalifornische Drummerin von Los Angeles nach Brooklyn, begegnete APTBS und eroberte die Band im Sturm. Das liegt nicht nur an neuen rhythmischen und songwriterischen Akzenten, sondern vor allem an ihren Vocals.
Die Stimmen von Ackerman und Braswell sind das Highlight in diesem ohnehin herrlich dunkel angerichteten Menü. Ackermans Sprechgesang übernimmt die Rolle des gefühlskalten, im Lou Reed'schen Sinne unbeteiligten Kommentators irdischer Hölle. Braswell addiert eine ebenso entrückte wie fordernde Kaputtheit - ein herrlich dämonisches Gespann, frisch aus der Katakombe.
Den Noisefaktor fahren APTBS zurück. Zwar tauchen immer noch herrlich fiese Big Black-Gedächtnis-Gitarren auf ("Look Me In The Eye","Never Coming Back"). Insgesamt verharrt aller Krach aber doch im Fragmentarischen. Dafür nehmen die Gothic- und Postpunkelemente deutlich mehr Raum ein. "There's Only One Of Us" etwa macht 2018 dort weiter, wo Bauhaus vor knapp 40 Jahren mit "In The Flat Field" begannen und stellt der eleganten "Terror Couple Kill Colonel"-Gitarre eine brutale Motorsägen-Axt bei. Wundervoll kranke Nummer!
Im Verlauf der Platte fühlt man sich noch angenehm an Killing Joke oder manch andere Ikone erinnert, ohne dass A Place To Bury Strangers auch nur einen fußbreit Boden eigener Individualität preisgeben. Eine sehr spezielle Melange. Songs wie "Situations Changes" oder "Was It Electric" wären im anderen Klangoutfit hochklassiger Darkpop. Am Ende verfällt man dieser Scheibe mit jedem einzelnen Durchlauf mehr.
4 Kommentare mit 5 Antworten
Nicht gedacht, dass die sich tatsächlich noch einmal weiterentwickeln können. Ist auf jeden Fall notiert.
Konnte mich bislang noch kaum überzeugen. Dass der Noise-Faktor reduziert wurde ist ja an sich ein denkbarer Ansatz, aber hier bleiben zumeist nur noch Song-Skelette über, die sich in einem anti-klimaktischen Dark-Post-sonstwas-Wave-Singsang ergeben. Dann doch lieber ein alles vernichtender Hattrick wie am Schluss des Vorgängers.
kann ich gut verstehen, dass man das so empfinden kann. mir geht es anders. gerade das skelettieren auf dieser wundervoll fiesen "big black meets bauhaus"-ebene finde ich grandios.
Muss die Vinyl haben alleine schon wegen dem Cover
ich hatte dich hier schon erwartet. ist bestimmt was für dich. könnte im herzen, in der playlsit und im regal durchaus neben der undertground youth stehen. wenn ich das richtig mitbekam, sind aptbs auch deren vorbilder.
bitte auch die albenlinste von aptbs hier auf laut checken. das ist alles gro´kalibriges düsterzeug.
und falls du lust hast, ebensao dies hiesige big black-bio. die ist ja obig auch in der rezi verlinkt. eine der wichtigsten bands aller zeiten und erfinder des gitarrensounds, dem sich ackerman teilweise bedient.
"dem" muss natürlich "dessen" heißen.
Wird selbstverständlich alles befolgt! Was die dunkle Seite betrifft bin ich dir in Rekordgeschwindigkeit verfallen, da war tatsächlich noch nie was schlechtes dabei!
danke
Achtung, es gibt ne 2-CD Version mit ganzen 8 Bonus Tracks!