laut.de-Kritik
Anspruchsvoll gemixtes Zeugnis der Hipster-Musikszene.
Review von Karim ChughtaiWenn ein fünfmaliger DJ World Champion einen Mix veröffentlicht, darf man gespannt sein. Handelt es sich dabei noch um Fool's Gold Labelchef und Kanye Wests Tour-DJ A-Trak, könnte so ziemlich jedes Genre zwischen Hip Hop, Soul, Turntablism, Electro oder moderner Clubmusik bedient werden. Während aber das DJ Set im Club verbissen um die Aktualität der Gegenwart kämpft, findet eine Mix-CD auch noch Jahre später den Weg aus dem Regal und steht als musikalische Referenz dieses Zeitausschnittes.
"Infinity +1" präsentiert die bewährtesten Tracks der letzten sechs Monate aus den Bereichen Electro und House. Für diesen Stilfokus dürfte die Spannweite des Labels Thrive als Herausgeber sicherlich nicht unbedeutend gewesen sein, kennt man den Kanadier in jüngster Zeit doch erstens lauter, zweitens partyorientierter mit Hang zum Underground. Soll jetzt nicht heißen, dass dieser Mix annähernd kommerziell, cheesy oder lahm wirkt. Es ist einzig und allein das musikalische Gewand, das dem DJ zwar ungewohnt, aber doch äußerst gut steht.
Sämtliche Songs sind den Szene-Hipsters wohl schon längst bekannt, trotzdem erfrischt der Mix auf eine besondere Art. Stücke von Sebastien Tellier, MSTRKRFT, DJ Mehdi, Little Boots oder Housemeister, Remixe von Boys Noize, Fake Blood, Siriusmo und Lifelike zieren die Tracklist und schütteln dabei jeden Verdacht eines Kompromisses zwischen Label und Künstler ab. Vielmehr handelt es sich um ein Schaulaufen der aktuellen Bloghelden.
Hier und da blitzen A-Traks Turntable-Skills auf und zeigen, wie schön sich Scratches auch in den elektronischen Gefilden machen. Das Intro gleicht einem klassischen Hip Hop Mixtape Intro und beantwortet auf spielerische Weise die üblichen Fragen des "wer, was, warum". Fragmente von Shel Silversteins Gedicht "Invitation", ein verhalltes "Infinity" und ein vocoderverzerrtes "A-Trak" liefern die Antwort.
Er ist einer der besten DJs des Planeten! Das wird spätestens in KIMs "Party Machini" deutlich, wenn der Fool's Gold Chef Turntablism-Tricks wie Backspins über die elektronischen Songs legt. Diese Eigenschaft ist gewiss auch seine Stärke, ganz gleich welche Musik er mischt, er serviert das Menü stets in technisch anspruchsvollem Hip Hop Stil. Lieder laufen nicht allzu lange, dezente Scratches runden Übergänge ab und jeder zu lang geratene Instrumentalpart trägt fremde Vocals.
Die Anordnung der Tracks wie auch das Timing der Übergänge sind mehr als wohl durchdacht. DJ Mehdis "Pocket Piano" im Joakim Remix schmiegt sich elegant um die auslaufenden Drums von Holy Ghost, Basslinien von Midnight Juggernauts "Shadows" und Gonzales "Working Together" als Boys Noize Bearbeitung streicheln sich sanft zur Begrüßung, während sich Donnis "Party Work" und "Life On TV" von Kid Sister bei romantischem Hip-House küssen.
Über 30 Sekunden ziehen sich die akustischen Metamorphosen genüsslich hin. Dabei dienen Edits mancher Stücke dazu, den Transfer noch dezenter zu gestalten. "Infinity +1" ist eine tolle Mix CD, die eine persönliche Note von A-Trak besitzt und ein noch besseres Zeitzeugnis der aktuellen Musikszene darstellt. Fool's Gold Art Director Dust La Rock gibt der CD eine schlichte, aber schicke Robe. Das mathematische Symbol für Unendlichkeit als vergoldete Sonnenbrille. To The Infinity (+1), "bling bling".
2 Kommentare
Hehe,
ich muss dagegen bei +1 an die South Park Christianrock-Band Faith+1 denken ^^:
http://atvobsession.com/pictures/misc/sout…
@guelei1 (« warum erinnert mich das cover an dieses hier?
http://sleevage.com/wp-content/uploads/200…
mysteriös? weltverschwörung? oder einfach nur zufall? »):
ist mir auch gleich in den sinn gekommen.
soll wohl im momentanen jacko-hype unterschwellig zum kauf animieren.