laut.de-Kritik

Die Malibu-Variante zum düsteren OVO-R'n'B.

Review von

Es mag nur den Wenigsten aufgefallen sein, dennoch hat A.CHAL im letzten Jahr eines der stärksten Alben der Spielzeit gedroppt. Das großartige "Welcome To GAZI" meisterte den Balanceakt zwischen bittersüßen Popmelodien und nebelverhangenen Cloud-Elementen phänomenal gut. Vom Charme der Platte ist nach über einem Jahr nichts verloren gegangen – trotzdem flog sie meilenweit unter dem Radar von Kritikern und Fans. Zu Unrecht. Mit "ON GAZ" nimmt A.CHAL nun zum zweiten Mal Anlauf, um endlich in die große Popwelt einzutreten.

Und wie schon die Vorgängerplatte setzt sich "ON GAZ" unaufdringlich aber vehement in den Gehörgängen fest. Der Sound bleibt dunstig, atmosphärisch, melodisch – oder schlicht vereinnahmend. Seinen unverkennbaren Stil hat der gebürtige Peruaner längst gefunden – "ON GAZ" setzt ihn eben nur eine Spur konsequenter fort.

A.CHAL schwört nun noch mehr auf Bridges und Hooks in seiner spanischen Muttersprache, die Instrumentals klingen noch ein Stück weit dringlicher und unkomplizierter. Im Gegensatz zum deep-verträumten R'n'B-Entwurf aus Toronto ist das die etwas sonnigere Variante aus Malibu Beach zum Late Night-Ride.

"Matrix", der wahrscheinlich markanteste Song des Albums, ist bestes Beispiel dafür: er funktioniert nach denkbar einfachen Strukturen und vermittelt dennoch mehr Gefühl als einem lieb ist. Ein eigentlich simpler, verspielter Pianobeat verkommt durch die hypnotischen Lines CHALs zur intensiven Achterbahnfahrt: "Goin' through the Matrix/ Red and blue pills, black shades, that's the basics/ I feel it when they're eyein'/ That's why I move low, get the codes, never mind 'em". Neben dem stellenweise grandios reduzierten Songwriting wirkte A.CHAL auch beim Großteil der Produktion mit.

Auf "Cuànto" bekommt das von Pusha T bekannte "Untouchable"-Sample eine Generalüberholung und klingt frischer denn je – auch dank eines wunderbar OG'esken Parts vom weithin unterschätzten A$AP Nast. A.CHAL switcht derweil munter vom Spanischen ins Englische und wieder zurück. Auch sonst macht "ON GAZ" vieles richtig: "Shadows" spielt anhand weniger Worte mit der Metapher des Karmas als ewigem Begleiter, das drogeninfizierte "To The Light" vereint sphärischen Sound mit dröhnenden Bässen und harten Snares: "Eyes bloodshed, marijuana/ Starin' at the eyes of my karma/ I'm bumpin' Michael Jackson and Nirvana/ I'm tryna find my way to Madonna".

Tatsächlich ist es im Endeffekt der oft bemühte "Vibe", von dem A.CHALs Musik lebt. Jeder der Songs versetzt den Hörer unmittelbar in eine Stimmung, dazwischen ist von tanzbar bis beklemmend alles möglich. Und wenn zum Abschluss der Platte noch French Montana den letztjährigen Riesenhit "Round Whippin" remixt, scheint die Reise von CHAL endlich seine Bestimmung gefunden zu haben: ganz nach oben in den R'n'B-Himmel. Direkt gegenüber von PARTYNEXTDOOR und Konsorten, nur eben mit eigenem, unverwechselbarem Stil. Welcome to GAZI.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Shadows
  3. 3. Cuànto
  4. 4. To the Light
  5. 5. Matrix
  6. 6. Past Chick
  7. 7. Love N Hennessy
  8. 8. Perdóname
  9. 9. Criminal
  10. 10. No Service
  11. 11. Round Whippin [Remix]

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