laut.de-Kritik

Battlerap mit unvertrauten Waffen.

Review von

Spricht jemand von der Suche nach innerem Frieden, rollen sich vor dem geistigen Auge die Yoga-Matten aus. Wenn da mal nicht eine entsetzlich betuliche Veranstaltung ins Haus steht. Klangschale schon poliert? Bestens, die könnt ihr gleich mit Schmackes an die nächste Wand oder einer Dumpfbacke eurer Wahl an die Rübe werfen. Für Zimperlichkeiten haben die Diamantgeister hinter "Waage Und Fische" nämlich weder Zeit noch Geduld.

"Ich kann auch alleine reimen", stellt Absztrakkt in "Blitt & Staft" klar, was eigentlich längst jeder wissen sollte. "Doch ich mach' es mit Cr7z." Der könnte es fraglos ebenfalls im Alleingang, revanchiert sich aber in der "W&F Cyphersession" mit einer Huldigung an seinen Kollegen, die den letzten eventuell noch bestehenden Zweifel ausmerzt: Hier haben sich zwei vielleicht noch nicht einmal gesucht, zumindest vorübergehend aber trotzdem gefunden.

Glück für alle: Den Beleg für die alte Mär vom Ganzen, das mehr als die Summe seiner Teile bietet, liefern Absz und Cr7z ganz nebenbei. Ihre vordringliche Mission besteht darin, Bretter von Stirnen zu reißen, Augen zu öffnen (mit blanker Klinge, wenn nötig), ihre Klauen tief ins Bewusstsein ihrer Hörerschaft zu schlagen und dort zunächst einmal zu roden. Die Erkenntnis, die aus ihren Worten keinem soll, braucht ja Platz zum Wachsen.

Auf die Friedfertigkeit, die man seinen Glaubensbrüdern gemeinhin nachsagt, würde ich mich bei Absztrakkt nicht verlassen: "Der gewalttätigste, ignoranteste Buddhist, den es gibt", operiert fernab von dauerlächelnder Freundlichkeit. Vielmehr schlägt er dir ansatzlos drei seiner sieben lyrischen Schwerter in den Hals und drei in die Brust, ehe Cr7z dir mit der letzten Klinge ins Bewusstsein den Gnadenstoß versetzt.

Nö, diese beiden sind weder nett noch zartfühlend noch geben sie Paradebeispiele für Milde oder Mitgefühl ab. Vielmehr gehen sie so brutal wie selbstzerstörerisch zu Werke. "Wir geben mehr, als wir nehmen, nehmen mehr als wir kriegen" - und sie kriegen jeden, der sich auf den Wort- und Bildtsunami einlässt, den sie über Körper und Geist ihrer Zuhörerschaft entfesseln.

"Es heißt, es gebe nicht viele wie uns", spricht Cr7z in "Anahata" eine traurige Wahrheit aus. Stimmt: Es fällt schon schwer, sich die ganzen gleichgeschalteten Muckibuden-Buben mit ihren immergleichen Straßen-Abziehbildchen als Vertreter der gleichen Sportart vorzustellen. Absztrakkt und Cr7z grenzen sich beileibe nicht nur im expliziten "Freudenspender" gegen diese Spezies ab: "Leiste ich der Kultur einen Beitrag, seh' ich doch zu, dass er vorzüglich ist, und nicht so ein hingewichster Mist!"

Für ihre entsprechend vorzüglichen, klugen, ausgefuchsten Reime schöpfen sie Inspiration aus allen Kanälen: Religion, Philosophie, Literatur und Kino, spirituelle Motive aus aller Herren Länder, Legenden, Zahlenmystik und Comics. Beider Vokabular: scheinbar endlos wie die See. Im Kontrast zu den immer wieder neu zusammengestoppelten geschätzt knapp hundert Wörtern, aus denen andere Charts-Erfolge stricken, springen die Qualität des Wortschatzes, das Sprachgefühl und die überbordende Phantasie auf "Waage Und Fische" besonders ins Auge, "nisten sich ein und fristen ihr Sein in den Windungen deines Denkens, bis auch du dich windest".

Auch musikalisch stecken Absztrakkt und Cr7z wie die Hydren ihre Tentakel in die unterschiedlichsten Richtungen aus: Viel fernöstliche Klangästhetik weckt in Kombination mit Cuts, Scratches und klassischen, staubigen Boom-Bap-Beats selbstverständlich das eine oder andere Wu-Gefühl. Flirrende Saitenspielereien, verwehte Flötentöne oder in "Die 7 Absztrakkten Schwerter" auch einmal breitwandiger Streichersound bereichern und erweitern das Spektrum, wenn auch nur um Nuancen.

Die Beats, so fesselnd und berückend sie auch ausfallen, wirken in ihrer Gesamtheit auf Albumlänge doch wenig abwechslungsreich, zumal Abstrakkt und Cr7z in der Grundstimmung ihres Vortrags immer die gleiche Note anschlagen. Die Gegensätze zwischen beider Stimmlagen, Flows, Themen und Herangehensweisen sorgen dennoch allenthalben für reizvollen Kontrast. Tatsache: "mehr als nur der Rap-auf-Beat-Shit".

Zudem besticht das Kollabo-Album mit radikaler Schonungslosigkeit: Insbesondere Cr7z schreckt nicht davor zurück, in die eigenen Abgründe zu starren. Die Faszination, die von deren Schwärze ausgeht, raubt fast noch effektiver den Atem als die Gebetskette, die sein Mitstreiter längst einer ganz neuen Bestimmung zugeführt hat. "Absztrakkt macht das Grob-, Cr7z macht das Finetuning", miteinander machen sie dich fertig. Versprochen. Wer beider technische Fähigkeiten in Frage stellt, bekommt mit "Nachhaltig Impact" eine läuternde Skills-Demonstration um die Ohren gefegt.

In all der Härte und Düsternis bewahren Abstztrakkt und Cr7z trotzdem Raum für Zuneigung, Liebe und Respekt, etwa in der äußerst persönlichen, aber ganz und gar nicht rührseligen Hommage "Blut Und Wasser". Die zeigt: Ersteres muss nicht zwangsläufig dicker, und Vaterschaft nicht immer eine Frage von Blutsverwandschaft sein.

"Du willst battlerappen, doch du hast unsere Waffen noch nie gesehen", fährt der Bodhiguard an anderer Stelle aufmüpfiger Konkurrenz wieder harsch über den Mund und erteilt den Körperkult-Kaspern Reinkarnationsverbot. Hoffnung besteht dagegen für alle, die danach streben, den vernagelten Verstand zu befreien: "Hab' keine Angst, den Drachen zu reiten", ermutigt "Kirschblüte", "die Natur des Geistes ist vollkommen fehlerfrei."

"Frag' und bitte nicht, was falsch und was richtig ist, was wichtig ist und was nicht", resümieren Absztrakkt und Cr7z trotzdem in "Wüstenmond". Seine Lehren muss schon jeder selbst ziehen. Doch wir wandern nicht allein im finsteren Tal: "Hört ihr, wie ich euch rufe? Wir finden euch alle." Eine wahrhaft tröstliche Verheißung.

Trackliste

  1. 1. 1000Füßler
  2. 2. Anahata
  3. 3. Blitt & Staft
  4. 4. Booddha Monk
  5. 5. Hip Hop Medi
  6. 6. Kirschblüte
  7. 7. Die 7 Absztrakkten Schwerter
  8. 8. Bodhicore Tuning
  9. 9. Ey Sorry
  10. 10. Blut & Wasser
  11. 11. Mosaik
  12. 12. Der Einzigste
  13. 13. Isso
  14. 14. Freudenspender
  15. 15. W&F Cyphersession
  16. 16. Tut Anch Amun
  17. 17. Nachhaltig Impact
  18. 18. Wüstenmond

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10 Kommentare mit 304 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Wird wahrscheinlich mein Rap-Highlight 2015. "Wir geben mehr, als wir nehmen, nehmen mehr als wir kriegen" ist ja ein Zitat aus Kreuzwortfeuer und tatsächlich erinnern mich Absz und Cr7z stark an RAG. Was halt schon angesprochen wurde: Die Bildhaftigkeit und Vielfältigkeit ihres Wortschatzes. Texte, die sich oft nur assoziativ entfalten. Beats sprechen mich auch an. Wird gekauft.

  • Vor 9 Jahren

    Und mein Paket hat niemand angenommen.

    Dann wird es wohl erst morgen was. Die Vorfreude ist groß. Bis auf das erste Video nichts gelesen oder gehört, um das Album richtig genießen zu können. Ich bin gespannt wie die beiden zusammen auf Albenlänge funktionieren und in welche Richtung das ganze gehen wird.

    • Vor 9 Jahren

      So. Vorhin hab ich's vor Filialschluss bei der DHL versucht und Glück gehabt. Muss auch mal sein.

      Erster Eindruck nach dem ersten Durchgang:

      Unfassbar.

      Da Absztrakkt in den letzten Featureparts und auch auf Bodhiguard einige Zeilen aus den vorigen Werken und Featureparts recycled hat, hatte ich bei der all der Vorfreude doch auch kleinere Bedenken. Aber die waren glücklicherweise umsonst.

      Während man sonst zitierwürdige Einzeiler hat, würde ich hier am liebsten ganze Strophen hinsetzen. Das warten hat sich gelohnt.

      Wird mein Album des Jahres werden.

      Kleine Anmerkung:

      "Hier haben sich zwei vielleicht noch nicht einmal gesucht, zumindest vorübergehend aber trotzdem gefunden."

      Da Cr7z seit einigen Jahren versucht hat, nach 58 zu kommen und dabei in der Vergangenheit Angebote von Azad, Samy und Selfmade abgelehnt hat um schlussendlich als erster Nicht-Lüdenscheider gesignet zu werden, darf man schon von gesucht&gefunden sprechen. Ich denke nach der langen Suche wird das auch kein vorübergehender Zustand sein. Die letzten fünf Jahre waren erst der Anfang.

    • Vor 9 Jahren

      ich persönlich glaube ja eher das cr7z demnächst auf nem größeren label durchstartet...könnte mir den durchaus bei four vorstellen...58 ist doch eher sonn homey ding

  • Vor 9 Jahren

    Bin total weggehauen von der Platte. Deutsches Rap Release des Jahres, bis jetzt. Erinnert mich stark an das Gefühl, das erste mal Où je vis, Unter Tage oder Liquid Swords zu hören. Hammer.

  • Vor 9 Jahren

    Dani, was sagst du denn zu Absztrakkts fragwuerdigen Ansichten zu Frauen, die nicht seine Mutter sind? Da laesst er auf diesem Album ja wieder mal den ein oder anderen Klopper vom Stapel, das will halt ueberhaupt nicht zu seinem sonstigen Spiritualitaetsgelaber passen. Glaube, da ist der arme Itakker in seinem Leben wohl oefter mal tief verletzt worden.

    Hab' mir die Rezi ausnahmsweise auch nicht ganz durchgelesen.

    2 Punkte wegen der beats und der Harmonie zwischen beiden, die man nicht leugnen kann.

  • Vor 9 Jahren

    bald wird der herrvonwelt aufwachen oder auch ausstecken wie craze so schön vorformuliert hat und vor einem Scherbenhaufen stehen
    niemand außer seinem Konterlosen fakeflop ist auf seiner Seite
    nur er hält ihm auch virtuell noch die stange

    ein beispielloser Absturz und gleichzeitige Warnung an alle unbescholtenen user hier keine Höhenflüge ausprobieren zu wollen wenn man dann doch viel zu sehr die ikarusschiene fährt

    überfordert
    unrentabel für laut
    irrelevant für die Zukunft
    karteileiche
    seine zeit hier ist vorbei, er war nie eine große leuchte aber die harte Realität lässt ihn im staub betteln

    aufnerksamkeitssuchend, dabei doch lange zeit nur der stille Poster mit Beiträgen deren Gehalt unter dem von Kindergärtnern kommt

    schön auch dass er aufeinmal, sobald hartzer-sprüche kommen auf geregelte Arbeitszeiten hinweist. was für ein eierloser Lauch

    jetzt versucht er einen letzten verzweifelten Rundumschlag und merkt nicht dass das spiel für ihn schon lange verloren ist
    was bleibt ist ein geächteter, peinlicher Haufen Unrat unter meinen Schuhen
    und ich werf die Schuhe weg

    #gameover

    • Vor 9 Jahren

      garret erinnert mich in seiner art immer mehr an einen dieser schellentonis, die in den bud spencer und terrence hill filmen richtig feste vor die maske bekommen,nur um sich gleich darauf so schnell wie irgend möglich wieder anzustellen, um auch ja die nächste mische nicht zu verpassen ;-)
      karriere läuft ? :lol:

    • Vor 9 Jahren

      Was würden wir bloß ohne den Laut.de-Clown Garret machen. :lol:

      Und dabei hat er sich solche Mühe gegeben. :koks:

    • Vor 9 Jahren

      jaja, der giovanni .... er hat sich stets bemüht xD
      aber komm, wollen mal nicht so sein, soll er mir mal sein heft rüberreichen, mal ich im ein sternchen rein.
      wars wenigstens nicht komplett für umme :-)

    • Vor 9 Jahren

      bezeichnend!
      beim einen ist die Luft schon lange raus und der andere redet sich weiter um kopf und kragen
      mit Volldampf gegen die wand
      derherrvonwelt erinnert an einen verzweifelten Groupie der einmal im leben so wie die großen Idole sein möchte
      dass das nach hinten losgeht beweist er mit jedem Beitrag umso mehr und lässt mich das ganze mit Genugtuung verfolgen

    • Vor 9 Jahren

      bla bla bla, langweilig.

    • Vor 9 Jahren

      bezeichnend!
      dein weg endet hier

  • Vor 9 Jahren

    Für die zwei Trauerweiden BehinderterUser und HerrVonWelt ist jetzt stillhalten angesagt. Sie sind dringend dazu angehalten sich zu löschen und ihrer jämmerlichen Existentz hier den virtuellen Seppuku folgen zu lassen, falls das bei solch ehrlosen Lurchen überhaupt möglich ist.